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Kommentar: Entschlossen gegen die iranische Diktatur im Todeskampf

Kommentar

Entschlossen gegen die iranische Diktatur im Todeskampf

Simon Kaminski
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    So oder so ähnliche Szenen spielen sich seit Wochen in Teheran und vielen Städten und Orten im Iran ab: Frauen und Männer protestieren nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini.
    So oder so ähnliche Szenen spielen sich seit Wochen in Teheran und vielen Städten und Orten im Iran ab: Frauen und Männer protestieren nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Foto: Uncredited, AP/dpa

    Es gibt kaum etwas Gefährlicheres als eine gleichsam desperate wie fanatische Diktatur, die dem Abgrund ins Auge schaut. Genau dieses Bild bietet das Regime in Teheran in diesen Wochen. Verschärfend kommt hinzu, dass die Mullahs sich nicht nur seit über 40 Jahren in einem Krieg gegen die eigene Bevölkerung befinden, sondern ganze Regionen mit Waffenlieferungen und Terror destabilisieren. Sogar Russland wird bei seinem kriminellen Angriffskrieg mit Drohnen aus dem Iran versorgt.

    Gäbe es freie Wahlen, wären die Tage der dogmatischen Islamisten längst gezählt. Eine Mehrheit der Iranerinnen und Iraner wünscht die verknöcherten Turbanträger zum Teufel, hofft auf mehr Demokratie, ein Ende der Gängelung der selbst ernannten Sittenwächter und mehr Rechte für Frauen. Das Problem ist, dass die Herrscher ein so feines wie perfides Netz aus Korruption und Abhängigkeiten geknüpft haben. Es gibt Hunderttausende, die gut in und von dem Unterdrückungssystem leben. Anders gesagt: Günstlinge der Regierung stehen vor dem Aus bei einem Sturz des Regimes. Wer viel zu verlieren hat, der tut auch viel, um seinen Status zu verteidigen. Mord, Vergewaltigungen, tausendfache Verhaftungen – die Machthaber setzen alle Hebel an, über die eine kriminelle Diktatur ohne juristisches Korrektiv verfügt.

    Zielscheibe von wütenden Protesten: der Oberste Führer des Irans, Religionsführer Ali Khamenei.
    Zielscheibe von wütenden Protesten: der Oberste Führer des Irans, Religionsführer Ali Khamenei. Foto: Office Of The Iranian Supreme Le, Uncredited, dpa

    Diese bittere Gesamtschau hat die Bundesregierung jetzt dazu gebracht, deutsche Staatsangehörige zur Ausreise aus dem Krisenland aufzufordern, um willkürlichen Festnahmen zu entgehen. Das wird aber nicht reichen. Berlin hat zu lange beschämend kleinlaut auf die Proteste reagiert. Erst zuletzt fand Außenministerin Annalena Baerbock klare Worte, um den antidemokratischen Amoklauf der Staatsmacht im Iran zu geißeln.

    Die Profiteure des Regimes haben viel zu verlieren

    Die Opposition ist breit wie nie – auch wenn die weltanschaulichen, ethnischen und religiösen Standpunkte der verschiedenen Gruppen zum Teil meilenweit auseinanderklaffen. Das ist zunächst einmal eine gute Nachricht, denn die Basis des Widerstandes ist stark und resilient. Gleichzeitig aber fehlt der Bewegung Struktur und Strategie. Sollten tatsächlich die Revolutionsgarden zum Einsatz kommen, um die Demonstrationen und Akte des zivilen Ungehorsams mit noch brachialerer Gewalt zu ersticken, droht eine noch blutigere Eskalation. Die folgende Friedhofsruhe wäre für das Regime jedoch ein Pyrrhussieg.

    Was kann das Ausland, was kann die Bundesregierung tun, um den Aufstand für die Freiheit zu unterstützen? Zunächst einmal darf es in dieser Situation keine Verhandlungen über einen neuen Atomdeal mit Teheran geben. Das würde von den Frauen und Männern, die sich unter Einsatz ihres Lebens auflehnen, zu Recht als Verrat des Westens empfunden werden. Im Prinzip war die Intention für die Verhandlungen, die verhindern sollen, dass der Iran Atommacht wird, richtig. Doch der Westen hat darüber versäumt, den demokratischen Kräften im Iran eine Stimme zu geben. Schlimmer, Regierungschefs in Deutschland, Europa und den USA haben lange weggeschaut, wenn Proteste niedergeknüppelt wurden.

    Der Sturz der Kleptokratie kann nur durch das iranische Volk herbeigeführt werden. Gleichzeitig aber muss Deutschland endlich dem US-amerikanischen, kanadischen und tschechischen Beispiel folgen und personalisierte Sanktionen samt Einreiseverbote gegen die Menschenschinder im Iran verhängen. Was getan werden kann, um den Wahnsinn zu stoppen, muss getan werden.

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