Als Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet vor etwas mehr als vier Wochen das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos besuchte, vernahm er dort einen "Aufschrei der Verzweifelten". Die Situation in Moria sei "für alle bedrückend", stellte Laschet fest. Schon damals war die Stimmung so aufgeheizt, dass der Politiker seinen Besuch aus Sicherheitsgründen abbrechen musste.
Jetzt ist das Pulverfass Moria explodiert. Alles deutet daraufhin, dass es Migranten waren, die in der Nacht zum Mittwoch an vielen Stellen gleichzeitig Feuer legten – in der Hoffnung, das verhasste Camp, von dem die dort eingepferchten Menschen als "Hölle" sprechen, ein für alle Mal zu zerstören. Ähnliche Versuche gab es schon früher. Diesmal hat der Feuersturm das Lager tatsächlich verwüstet. Moria gibt es nicht mehr.
Schon lange war klar, dass sich die Spannungen in Moria entladen können
Die Katastrophe kam keineswegs aus heiterem Himmel. Seit Monaten warnten Kommunalpolitiker und Hilfsorganisationen vor der Gefahr, dass sich die wachsenden Spannungen in Moria und den anderen Camps in einem Gewaltausbruch entladen könnten. Die Warnungen richteten sich an die Regierung in Athen, vor allem aber an die europäischen Partner Griechenlands. Sie hatten schließlich, unter Federführung von Kanzlerin Angela Merkel, 2016 mit der Türkei jenen Flüchtlingspakt ausgehandelt, dem Moria und die anderen vier Insellager ihre Existenz verdanken.
Viel zu lange schaute die EU weg. Hauptsache, die Migranten kommen nicht zu uns, war die Devise in den anderen Ländern. Je schlimmer die Zustände in den griechischen Lagern sind, desto größer der Abschreckungseffekt – das war das zynische Kalkül. Europa darf sich diese Schande nicht länger leisten. Vorrangig geht es jetzt um schnelle Hilfe für die Obdachlosen von Moria.
Norwegen will Flüchtlinge aus Moria aufnehmen
Gleichzeitig muss sich die EU einen Ruck geben und endlich eine gerechte Verteilung der Migranten und der Asylverfahren auf die Mitgliedsländer beschließen, damit Elendscamps wie Moria aufgelöst werden können. Norwegen bietet die sofortige Aufnahme von 50 Asylbewerbern aus Moria an. Das ist ein erster Schritt, wenn auch nur ein kleiner.
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