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Rücktritt von Kevin Kühnert: Politiker haben mehr Respekt verdient

Kommentar

Politiker haben mehr Respekt verdient

Margit Hufnagel
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    Kevin Kühnert ist nicht mehr länger SPD-Generalsekretär. Als Grund gibt er seine Gesundheit an.
    Kevin Kühnert ist nicht mehr länger SPD-Generalsekretär. Als Grund gibt er seine Gesundheit an. Foto: Gregor Fischer, dpa

    Es gibt Berufe, die haben ein besseres Image. Hier ein roter Teppich, da ein Freibier, dort ein paar vom Mitarbeiter vorgefertigte Worte verlesen, ein Selfie mit der Weinprinzessin oder dem Schützenkönig – Politiker zu sein, scheint einfach. Ein bisschen reden, ein wenig netzwerken, macht man einen Fehler, zahlt den der Steuerzahler. Doch in wenigen anderen Bereichen ist die Kluft zwischen Theorie und Wirklichkeit größer. Nicht erst mit dem Rücktritt von Kevin Kühnert wird deutlich: Politik ist ein Knochenjob. Er war es schon immer und wird doch härter und härter.

    Was genau der gesundheitliche Grund für Kühnerts zumindest vorläufigen Abschied aus dem Bundestag ist, darüber lässt sich nur spekulieren. Doch einiges spricht dafür, dass es mentale Probleme sind, die ihm zusetzen. Er wäre nicht der einzige. Sein Parteifreund Michael Roth, Sahra Wagenknecht, die Linke Anke Domscheit-Berg – sie alle wissen, wie zehrend der Politbetrieb auf Dauer sein kann. Selbst der scheinbar so „unkaputtbare“ Horst Seehofer verschleppte einst einen Infekt, weil sein Job keine Pause vorsah, bekam er eine lebensbedrohliche Herzmuskelentzündung. Für viele der genannten ist Politik eine Sucht, irgendwann endet die in der Flucht.

    Politik muss in Tiktok-Geschwindigkeit wirken

    Wer es ernst meint mit dem eigenen Amt als Abgeordneter, wer in eine der vordersten Reihen will, um auch eigene Vorstellungen umzusetzen, der muss inzwischen damit leben, dass der Beruf nur wenige echte Auszeiten kennt. Der Terminkalender ist voll, der Druck gewaltig. Malu Dreyer, ehemalige Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, wurde während der Flut im Jahr 2021 vorgehalten, dass sie nachts eine SMS verpasst habe, weil sie geschlafen hat. Immer schneller dreht sich das tägliche Karussell, während gleichzeitig die Krisen kaum mehr eine Verschnaufpause gewähren. Finanzkrise, Corona, Ukraine-Krieg, der brodelnde Nahe Osten, die Überforderung durch die Migration, hektisch wird nach Lösungen verlangt, die am besten sofort alle Probleme lösen sollen.

    Einen langen Atem, wie es die Realität eben so oft verlangt, haben zumindest Teile der Öffentlichkeit kaum mehr. Wenn heute ein Messerstecher Menschen umbringt, soll er am besten morgen schon im Abschiebeflieger sein. Dass gute Politik Zeit braucht, geht dabei unter. Daran haben auch die sozialen Medien ihren Anteil. In Sekundenschnelle verlangen Twitter, Facebook, Instagram und Tiktok nach Reaktionen, wer zu lange zögert, bleibt unsichtbar – das Worst-Case-Szenario in der Politik. Die Folge sind hohle Phrasen, die im Zweifel die Verdrossenheit der eigenen Wählerinnen und Wähler sogar noch schüren und einen weiteren Teufelskreis in Gang setzen.

    Was es braucht in der Politik? Respekt!

    Was darunter zu verstehen ist, zeigen ganz nüchtern Zahlen des Bundeskriminalamtes. 38 Prozent von über 1700 befragten „kommunalen Amtspersonen“ – also Bürgermeistern, Stadträten oder Landräten - in Deutschland haben zwischen November 2022 und April 2023 Anfeindungen erlebt. Wo der Respekt verloren geht, ist der persönlichen Herabwürdigung oder gar Gewalt Tür und Tor geöffnet. Hassbotschaften mit Morddrohungen und übelsten Beschimpfungen gehen vielen Menschen erstaunlich leicht über die Lippen.

    Was es braucht? Respekt! Respekt davor, dass gerade das politische Ringen unterschiedliche Meinungen sogar zwingend voraussetzt. Dass nicht jeder, der einen anderen Blick auf die Dinge hat, gleich vom Bösen beseelt ist. Die Erkenntnis, dass es leider tiefe Spuren hinterlässt, wenn der politische Herausforderer nicht mehr mit Argumenten, sondern mit Diffamierungen bekämpft werden soll. Man muss kein Mitleid haben mit Politikerinnen und Politikern – Anstand würde schon reichen.

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    11 Kommentare
    Wolfgang Leonhard

    Umso erbärmlicher ist es, dass es sich hier einige Leser nicht haben nehmen lassen, Herrn Kühnert nach seinem Rücktritt noch ein paar gehässige Worte hinterher zu rufen.

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    Peter Pfleiderer

    "Kevin Kühnert hat seine Idee eines "demokratischen Sozialismus" erklärt. Dazu gehöre, Großkonzerne wie BMW zu kollektivieren. Außerdem solle jeder nur noch die selbst genutzte Wohnung besitzen dürfen." -https://www.spiegel.de/politik/deutschland/kevin-kuehnert-will-kollektivierung-von-grossunternehmen-wie-bmw-a-1265315.html - Ist das der "Respekt" den Olaf Scholz im Wahlkampf plakatiert hatte?

    Maria Reichenauer

    Dem Kommentar von Frau Hufnagel stimme ich gerne zu. An den Leserkommentaren hier hat man aber auch gesehen, wie wenig Anstand manchen Menschen geblieben ist. Hetze, Häme, immer draufhauen, immer schlechtreden, sofort zerreden, wenn jemand neue Ideen hat, alles erst mal in den Schmutz ziehen, bevor man das Hirn einschaltet – das ist heute sehr verbreitet, leider nicht nur bei den Lesern, sondern auch bei den Medien. Ich nehme da die AZ nicht aus. Auch hier wird gerne Katastrophenstimmung verbreitet, wenn neue Regelungen und Gesetze anstehen. Man könnte auch wie im guten alten Besinnungsaufsatz einfach mal Vor- und Nachteile gegenüberstellen – dann könnte sich der Leser ein besseres Bild machen. Nun, danke trotzdem für diesen Kommentar. War wieder mal notwendig.

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    Klaus Axmacher

    Ja, auch Politiker verdienen Respekt. Alle Politiker? Oder nur wenn sie der richtigen Partei angehören? Gerade bei Politikern vermisse ich den Respekt und die Fairness gegenüber dem politischen Widersacher. Ist vielleicht auch ein Grund warum Politiker ein so schlechtes Ansehen in der Bevölkerung haben.

    Thorsten Franzisi

    Danke für diesen sehr schön geschriebenen Kommentar, der so viel Wahres enthält.

    Martin Kappelmaier

    Die Erkenntnis, dass es leider tiefe Spuren hinterlässt, wenn der politische Herausforderer nicht mehr mit Argumenten, sondern mit Diffamierungen bekämpft werden soll. Man muss kein Mitleid haben mit Politikerinnen und Politikern – Anstand würde schon reichen. Ob das ein Fingerzeig an führende Politiker der CSU ist?

    Franz Wagner

    Respekt muss man sich erst verdienen!!

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    Klara Rasper

    Und ds Hr.Kuehnert nicht ? Oder was bedeutet Ihr Kommentar ?

    Maria Reichenauer

    Nein, Respekt muss sich eine Person nicht erst verdienen. Man kann sich Autorität erarbeiten oder sich die Achtung seiner Umgebung durch besondere Verdienste verdienen, aber der Respekt vor seinem Mitmenschen ist etwas Grundsätzliches, worauf jedes Lebewesen Anspruch hat, ob Mensch oder Tier. Auch Respekt vor der Natur gehört dazu. Oder meinen Sie tatsächlich, man müsste vor jemand, der nicht Ihre Achtung genießt, keinen Respekt haben? Diesen Gedanken möchte ich gar nicht weiterdenken, da schüttelt es mich. Um auf Kevin Kühnert zurückzukommen: auch wenn er nicht Ihr politische politischen Ansichten vertritt, so kann man ihm als Mensch Respekt entgegenbringen. Genau das, was SIe mit diesem Satz zum Ausdruck bringen, ist doch das Problem.

    Peter Zimmermann

    Exakt so ist es und es regt mich dermaßen auf, dass auch in der Politik mittlerweile nur noch der Gegner schlecht gemacht wenn nicht gar gelogen wird. Eigene Vorschläge wie es anders/besser laufen soll meist Fehlanzeige.

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