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Kommentar: Ein besseres Verhältnis zu Russland gibt es erst nach Wladimir Putin

Kommentar

Ein besseres Verhältnis zu Russland gibt es erst nach Wladimir Putin

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    Vor über 20 Jahren gekommen, um an der Macht zu bleiben - der russische Präsident Wladimir Putin.
    Vor über 20 Jahren gekommen, um an der Macht zu bleiben - der russische Präsident Wladimir Putin. Foto: Mikhail Metzel, AP/dpa

    Wenn Russland und Amerika am Montag in Genf über die Ukraine verhandeln, ist das ein Erfolg für Wladimir Putin. Er nötigt die anderen an den Tisch. Putin schwächt, sabotiert, spaltet und bestiehlt die

    An ihrer Grenze hat er über 100.000 Soldaten zusammengezogen und damit eine machtvolle Drohung ausgesprochen. Zwar hat Russland 1994 das Budapester Memorandum unterzeichnet und sich darin verpflichtet, die Souveränität seines Nachbarlandes zu achten. Aber das soll heute nicht mehr zählen.

    Putin, Herr über das Eskalationspotenzial

    Putin sitzt in seiner Nachbarschaft am längeren Hebel, denn er wäre bereit, für die Ukraine kämpfen zu lassen, während das US-Präsident Joe Biden und die Europäer nicht sind. Er hält das Eskalationspotenzial in seinen Händen, wie es in der Sprache der Sicherheitspolitik heißt.

    US-Präsident Joe Biden hat am 30. Dezember mit Wladimir Putin telefoniert.
    US-Präsident Joe Biden hat am 30. Dezember mit Wladimir Putin telefoniert. Foto: Adam Schultz, The White House/dpa

    Weil der Herr des Kremls glaubhaft machen kann, notfalls ernstzumachen, zwingt er die USA an den Verhandlungstisch. Noch im alten Jahr legte er Forderungen auf den Tisch, die der Westen nicht akzeptieren kann, weil sie das Prinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker eklatant verletzen. Denn Putin verlangt, dass sich die Nato nicht weiter ausdehnt und keinesfalls die Ukraine oder andere frühere Sowjetrepubliken aufnehmen darf. Darüber hinaus besteht er darauf, dass der Nordatlantik-Pakt Waffen aus Osteuropa abzieht.

    Auf diese Bedingungen kann sich das Militärbündnis nicht einlassen, wovon Russland ausgehen muss, weshalb es auch in Zukunft die Ukraine weiter im eisernen Griff halten wird. Denn nur stabile Staaten ohne ungelöste Konflikte dürfen Teil der Allianz werden. Je nach politischer Weltlage kann dieser Griff aber gelockert oder forciert werden.

    Geringe Erwartungen an Genf

    Wegen dieser knallharten Konditionen Russlands sind die Erwartungen an die Gespräche in Genf gering. Am Mittwoch tagt außerdem der Nato-Russland-Rat das erste Mal seit zweieinhalb Jahren und wird sich selbstredend ebenfalls mit der gefährlichen Lage befassen. Für die kommenden Jahre werden sich Europa und Amerika darauf einstellen müssen, dass das Verhältnis zu Russland ein schwieriges bleibt.

    Putin hat Russland machtvoll zurück in das Spiel der Großmächte gezwungen, aus dem es der frühere US-Präsident Barack Obama schon ausgeschieden sah. Ganz Großmacht definiert der russische Staatschef einen Einflussbereich, aus dem sich die anderen heraushalten sollen. China tut das auch und natürlich die USA selbst. Im Grund gehört die Europäische Union zu dieser amerikanischen Einflusszone, wenngleich sie davon profitiert, weil die Ausgaben für Sicherheit signifikant niedriger sind.

    Putin hält den Zusammenbruch der Sowjetunion vor drei Jahrzehnten für eine weltgeschichtliche Tragödie und hat in einem langen Essay beschrieben, warum die Ukrainer eigentlich keine eigene Nation bilden und es "eine historische Einheit von Russen und Ukrainern" gebe.

    Der ewige Putin kann nicht freiwillig gehen

    Der frühere KGB-Offizier hat sich in über 20 Jahren an der Macht von einem liberalen Technokraten in einen autoritären Herrscher verwandelt. Seine Mission ist es, die Schmach der Geschichte zu tilgen und Russland wieder groß zu machen. Der 69-Jährige hat die Verfassung ändern lassen und kann theoretisch bis 2036 regieren. Biologisch ist das nicht unmöglich, wenngleich unwahrscheinlich. Europa und die USA müssen sich dennoch darauf einstellen, dass der Mann aus St. Petersburg noch eine ganze Weile weitermacht und herausfordert.

    Putin kann die Macht, wie alle autoritären Machthaber, nicht mehr aus der Hand geben, ohne befürchten zu müssen, dass mit ihm selbst abgerechnet wird. Wegen der grassierenden Korruption, wegen der Verfolgung Oppositioneller, wegen der politischen Morde. Also macht er weiter. Das wirksamste Mittel gegen Langzeitherrscher ist, ihren Günstlingen Spaß und Geld zu nehmen. Und ihren Kindern den Internatsplatz in der Schweiz. Verlieren sie ihren Status, wenden sie sich vom Übervater ab. Das wäre die Chance für den Neuanfang.

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