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Kommentar: Diese Mindestlohnerhöhung ist ein Witz

Kommentar

Diese Mindestlohnerhöhung ist ein Witz

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    Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn in Deutschland soll zum 1. Januar 2024 von 12,00 auf 12,41 Euro und zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro steigen.
    Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn in Deutschland soll zum 1. Januar 2024 von 12,00 auf 12,41 Euro und zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro steigen. Foto: Marijan Murat, dpa

    41 Cent brutto pro Stunde. So viel (oder wenig) mehr sollen ab dem nächsten Jahr diejenigen bekommen, die die kleinsten Löhne haben. Was davon abzüglich von Steuern und Abgaben netto in den Portemonnaies landet, ist beinahe nichts. Wegen der Wucht der Inflation, die Menschen mit niedrigen Gehältern noch härter trifft als Mittel- und Gutverdiener, wird aus beinahe nichts gar nichts. Der Mehrheitsbeschluss der Mindestlohnkommission gegen die Stimmen der Gewerkschaften ist ein Schlag ins Gesicht für fast 6 Millionen Beschäftigte in der unteren Gehaltsgruppe. 

    Für sie hatte die SPD etwas getan und den Mindestlohn im Oktober auf 12 Euro angehoben. Es war ein Anstieg um 15 Prozent. Dieses satte Plus hat aber nicht für unverhofften Reichtum gesorgt, sondern überhaupt erst einmal dafür, dass die Leute mit wenig Einkommen von ihrer Hände Arbeit leben können. Die 12 Euro entsprechen 60 Prozent des mittleren Gehalts. Darunter beginnt die Armut trotz Arbeit. Für die Unternehmen war die Anhebung auf 12 Euro eine bittere Pille und deshalb taten ihre Vertreter in der Mindestlohnkommission alles, um weitere Lohnsprünge zu vermeiden. Es war eine Revanche. Lohnkämpfe sind Machtkämpfe. Dass die Gewerkschaften dem in der Kommission nicht zustimmen konnten, ist logisch. Denn um armutsfest zu bleiben, müsste der Mindestlohn ab nächstem Jahr auf 13 Euro klettern. 

    Was ist der Zweck eines Mindestlohns?

    Nun wird es nicht einmal im übernächsten Jahr dazu kommen, wenn der Bundestag per Gesetz nicht noch einmal eingreift und die Lohnuntergrenze politisch festsetzt. Dann aber wäre die Mindestlohnkommission überflüssig und tot. Die Arbeitgeber stellen sich auf den Standpunkt, dass der Mindestlohn kein Instrument gegen Armut sein soll. Diesem Argument drängt sich die Frage regelrecht auf, für was er eigentlich sonst da ist? Nach dem AfD-Sieg im Thüringer Landkreis Sonneberg wird wieder viel über sozialen Zusammenhalt diskutiert. Dort erhalten übrigens über 40 Prozent der Beschäftigten nur den Minimallohn. Dass sie sich von einer Steigerung um 41 Cent – auf Deutsch gesagt – verarscht fühlen, darf niemanden überraschen. 

    Deshalb ist es verwunderlich, dass die Arbeitgeber auch noch für sich reklamieren, ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung gerecht geworden zu sein. Wenn sie Pech haben, wird ihre defensive Haltung dazu führen, dass der Bundestag demnächst die Höhe des Mindestlohnes bestimmt. Genau das kann eigentlich nicht im Interesse der Unternehmen sein.

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