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Kommentar: Die Wahlrechtsreform ist ein Angriff auf Bayern

Kommentar

Die Wahlrechtsreform ist ein Angriff auf Bayern

Michael Pohl
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    Der Plenarsaal im Bundestag könnte leerer werden. Die Ampelkoalition will mit einem neuen Wahlrecht die Abgeordnetenzahl verkleinern. Die CSU wäre ein Verlierer der Reform.
    Der Plenarsaal im Bundestag könnte leerer werden. Die Ampelkoalition will mit einem neuen Wahlrecht die Abgeordnetenzahl verkleinern. Die CSU wäre ein Verlierer der Reform. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Man muss nicht unbedingt Mitleid haben bei all der schadenfrohen Häme, die derzeit der CSU aus dem Rest der Republik entgegenschlägt. Die bayerische Regierungspartei stünde als klarer Verlierer da, wenn die Wahlrechtsreform der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP tatsächlich geltendes Recht würde. Elf direkt vom Volk gewählte Bundestagsabgeordnete würde sie verlieren, wenn man den Reformvorschlag auf die letzte Bundestagswahl anwendet. Denn der Ampel-Vorschlag entwertet die Erststimme. Prominentester Betroffener wäre der ehemalige Verkehrsminister Andreas Scheuer.

    Die CSU hat ihre Chancen für eine Wahlrechtsreform nicht genutzt

    Doch die CSU hatte ganze 16 Jahre Zeit, mit wechselnden Koalitionspartnern ein allgemein oder zumindest parteiübergreifend akzeptiertes Wahlrecht mitzugestalten, das das ständige Anschwellen der Abgeordnetenzahl verhindert und die damit verbundenen Millionenkosten für Büros, Mitarbeiter und Altersversorgungen. 

    Und es hilft der CSU sicher nicht bei der Argumentation, wie wichtig direkt gewählte Abgeordnete vor Ort sind, dass jener Andreas Scheuer auch nach dem Verlust seines Ministeramts es als Oppositionsmann in Passau für nicht wichtig erachtet hat, wie fast alle anderen Abgeordneten ein Wahlkreisbüro vor Ort aufzumachen. 

    Die Wahlrechtsreform verletzt ureigene Demokratie-Grundsätze

    Und trotz alldem ist der Wahlrechtsvorstoß der Ampel falsch. Man muss kein Freund der CSU sein, um zu erkennen, dass der Ampel-Plan ein Angriff auf Bayern und die im Freistaat seit Weltkriegsende gelebte direkte Art der Demokratie ist. Würde der Entwurf geltendes Recht, verlöre die CSU, gemessen am Ergebnis von 2021, massiv Bundestagsabgeordnete in bayerischen Großstädten: in Augsburg, in Fürth, in Erlangen, in Passau, alle in München und einen von zwei in Nürnberg.

    Da künftig nur die Zweitstimme entscheiden soll, hätte Ex-Staatssekretär Stefan Müller mit 35 Prozent Erstimmen sein Erlanger Mandat verloren, während der Leipziger Linke Sören Pellmann mit nur 22,8 Prozent als knapper Wahlkreisgewinner 26 weitere Linke in den Bundestag gehievt hätte. Denn drei Direktmandate einer Partei sollen weiter die Fünf-Prozent-Hürde aufheben. Das Beispiel zeigt nicht nur, welche absurden Folgen die Reform in der Praxis hätte, sondern auch, wie sehr sie den ureigenen demokratischen Wahlgrundsatz verletzt, dass jede Stimme gleich viel wert sein muss.

    Das neue Wahlrecht schwächt Bayerns Städte empfindlich

    Das neue Wahlrecht beschädigt massiv den Willen der Wählerinnen und Wähler bei ihrer Möglichkeit, nicht nur nach vorgegebenen, ausgeklüngelten Parteilisten zu entscheiden, sondern auch die nach in ihren Augen bestgeeignete Persönlichkeit zu wählen, wie es in Bayern besonders Tradition ist.

    Die Reform schwächt Bayerns Großstädte an empfindlicher Stelle, wenn es darum geht, parteiübergreifend regionale Interessen im Bund zu vertreten. Zumal Bayerns SPD dafür bekannt ist, Großstadt-Abgeordnete mit schlechten Landeslistenplätzen abzustrafen.

    Wahlrecht muss parteiübergreifend reformiert werden

    Es spricht viel dafür, dass das Verfassungsgericht diese Reform kippen wird. Es hat schon aus weniger schwerwiegenden Gründen mehrfach die Politik zu Änderungen des Wahlrechts gezwungen. Doch statt auf intelligente Lösungen und Vorschläge setzten die Parteien unterm Strich auf immer größer werdende Parlamente.

    Das Wahlrecht muss möglichst parteiübergreifend statt parteitaktisch reformiert werden. Das ist die Verantwortung der Ampel-Parteien, aber auch der CSU: Für sie gilt es, mit einem kompromissfähigen Vorschlag Schaden vom bayerischen Volk abzuwenden.

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