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Kommentar: Die SPD hat vorgemacht, wie Auferstehung gelingt – das kann auch die CDU schaffen

Kommentar

Die SPD hat vorgemacht, wie Auferstehung gelingt – das kann auch die CDU schaffen

Stefan Lange
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    Schon jetzt eine Ära Merz herbeizureden und ihn derart mit Angela Merkel zu vergleichen, wäre verfrüht.
    Schon jetzt eine Ära Merz herbeizureden und ihn derart mit Angela Merkel zu vergleichen, wäre verfrüht. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Dem neuen CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz werden verschiedene Fähigkeiten zugesprochen, eine davon ist ganz sicher sein Talent für prägnante Sätze. Seine Partei habe sich erst in der Schockphase befunden, sei jetzt in der Gewöhnungsphase und werde hoffentlich schnell in die Aufbruchsphase übergehen, ist vom Sauerländer dieser Tage zu hören. Nach dem Umfrageabsturz vor und dem desaströsen Abschneiden bei der Bundestagswahl finden sich die Christdemokraten in der Tat gerade in die ungewohnte Oppositionsrolle ein. Die ist zwar nicht so glanzvoll wie die Führung der Regierung, lässt aber neue Möglichkeiten zu. Eine davon ist die Neuordnung der Partei.

    Schon jetzt eine Ära Merz herbeizureden und ihn derart mit Angela Merkel zu vergleichen, wäre verfrüht. Der Vorsitzende selbst blickt zunächst nur auf diese Legislaturperiode, blendet die Frage nach einer Kanzlerkandidatur 2025 komplett aus. Sein Anspruch ist, die Partei stabil über 30 Prozent zu heben, das Konrad-Adenauer-Haus zu alter Stärke zurückzuführen, die drei Buchstaben im Parteilogo wieder mit Leben zu erfüllen. Die Voraussetzungen dafür stehen trotz aller Widrigkeiten gut.

    Der viel beschworene Neuanfang bei der CDU fußt nicht nur auf ihrem Vorsitzenden

    Im Mitgliederentscheid hatte Merz 62 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen können. Das Ergebnis beim digitalen CDU-Parteitag am Samstag dürfte höher liegen. Nachdem bei seinem Vorgänger Armin Laschet und dessen Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer praktisch vom Fleck weg direkt nach der Wahl die Demontage begann, baut Merz auf ein solides Fundament.

    Der viel beschworene Neuanfang bei der CDU fußt nicht nur auf ihrem Vorsitzenden. Wenn alles den von Merz geplanten Gang geht, werden auf dem Parteitag zwei Drittel der 15 Präsidiumsmitglieder ausgetauscht. Das gab es in der Partei seit 1949 nicht mehr. Die

    Zusammen mit seinem Team sieht der 66-Jährige schwierigen Aufgaben entgegen. Die Mitgliederzahl geht zurück, der Kontostand auch. Der Blick auf den Kassenbericht und die darin verzeichneten Rücklagen allerdings kann Merz zum Amtsantritt die größten Sorgen erst einmal nehmen.

    Die CDU macht gerade die Katharsis durch, die der SPD zu neuem Selbstbewusstsein verholfen hat

    Für die Landtagswahlen in diesem Jahr – sie sind stets Prüfsteine für neue Vorsitzende – sieht es ebenfalls nicht so schlecht aus. Im Saarland ist der Umfragerückstand auf die SPD einholbar. In Schleswig-Holstein liegen die Christdemokraten vor den Sozialdemokraten, Nordrhein-Westfalen kann durchaus wieder an die CDU gehen. An einen Wahlsieg in Niedersachsen glaubt Merz realistischerweise nicht.

    Klären muss er bald, ob er auch Vorsitzender der Unionsbundestagsfraktion werden und Amtsinhaber Ralph Brinkhaus vertreiben will. Darüber wird fraktionsintern und in den Medien viel diskutiert – zur Wahrheit gehört aber, dass die Wählerinnen und Wähler sich für diese Personalie nur in geringem Maße interessieren.

    Die CDU macht gerade die Katharsis durch, die der SPD zu neuem Selbstbewusstsein verholfen hat. Die Sozialdemokraten sind so stabil wie lange nicht mehr, die Christdemokraten werden es bald sein. Nach dem Einbruch der SPD war das Ende der Sozialdemokraten befürchtet worden, nach dem CDU-Desaster das der Konservativen. Beides ist nicht eingetreten, das System der demokratischen Parteien hierzulande ist stabil. Es funktioniert nicht zuletzt deshalb, weil sie jeweils Identifikationsfiguren an ihrer Spitze haben. Nach SPD, Grünen und FDP hat nun auch die CDU die ihre gefunden.

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