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Kommentar: Die Ministerpräsidenten sollen endlich aufhören mit der Jammerei

Kommentar

Die Ministerpräsidenten sollen endlich aufhören mit der Jammerei

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    "Märchenkönig" Ludwig II. war wirklich pleite. Die heutigen Länderfürsten sind es nicht.
    "Märchenkönig" Ludwig II. war wirklich pleite. Die heutigen Länderfürsten sind es nicht. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Es ist ein Märchen der deutschen Politik, das sich hartnäckig hält. Die armen Länder bekommen immer mehr Aufgaben vom bösen Bund aufgebürdet, die sie finanziell überfordern. Flüchtlinge, Corona und jetzt die Kosten der Energiekrise.

    Auch vor dem Treffen der Ministerpräsidenten mit Kanzler Scholz am Dienstag ist es wieder zu hören. "Dieses einseitige Vorgehen, der Bund bestellt, aber bezahlt nicht ... kann so nicht weitergehen", erklärte Bayerns Regierungschef Markus Söder vor wenigen Tagen.

    Baden-Württembergs Landesvater Winfried Kretschmann verfasste sogar kürzlich einen Gastbeitrag in der ehrwürdigen Frankfurter Allgemeinen, in dem er unfaire Manöver des Bundes beklagte, um gleichzeitig eine "Generalüberholung" des deutschen Föderalismus zu fordern. Nun haben Märchen die schöne Eigenschaft, nicht in Gänze mit der Wirklichkeit der echten Welt übereinzustimmen.

    Die Bundeasländer erzielen trotz Krisen Überschüsse

    So ist es auch beim Märchen von den angeblich leeren Staatskassen der Länder. In den ersten acht Monaten des an Krisen nicht armen Jahres erzielten die armen Länder einen Überschuss von beinahe 24 Milliarden Euro, wie aus der Statistik des Bundesfinanzministeriums hervorgeht. Zum Vergleich: Der Bund macht in diesem Jahr ungeheure Schulden, genau wie in den beiden Corona-Jahren davor. Hunderte Milliarden an Krediten sind zusammengekommen für Corona-Hilfen, den Klimaschutz, die Bundeswehr und die Verstaatlichung von Gas-Konzernen.

    Hatten die besseren Geschichten: Die Gebrüder Grimm
    Hatten die besseren Geschichten: Die Gebrüder Grimm Foto: Nicolas Armer, dpa

    Die Länder drohen derweil mit der Blockade des dritten Entlastungspaketes,  weil sie von den 65 Milliarden ein gutes Drittel beisteuern sollen. Ihre Kassenlage zeigt, dass sie es könnten, doch es ist das Ziel der Ministerpräsidenten, dem Bund noch einige Milliarden aus den Rippen zu leiern. Es ist verständlich, dass in Lindners Finanzministerium die Länderchefs als "Wegelagerer" tituliert werden.

    Sie haben es geschafft, dass der Bund ihnen in den vergangenen Jahren viel Geld für Aufgaben gegeben hat, die eigentlich in ihre Zuständigkeit fallen. Für die Schulen gab es Milliarden für schnelles Internet, für Kindergärten Mittel zur Sprachförderung, für den sozialen Wohnungsbau öffnete der Bund seine Geldbörse genauso wie für den Nahverkehr.

    Die Länder kriegen ureigene Aufgaben nicht hin

    Die Bilanz über den Einsatz der Mittel fällt mittelmäßig aus, in Teilen ist sie desaströs, wie die weiter sinkende Zahl der Sozialwohnungen beweist oder die nach wie vor bestehende Unterversorgung der Schulen mit leistungsfähigen Breitbandanschlüssen. Die Länder haben es einfach nicht geschafft, das zur Verfügung gestellte Geld abzurufen. Die Milliarden dümpeln vor sich hin.

    Die Ministerpräsidenten achten wie die eitlen Könige bei den Gebrüdern Grimm darauf, dass ihnen der Bundesfinanzminister einen Sack Gold vor das Schlosstor stellt, sie aber darüber bestimmen, was damit angestellt wird. Denn beim Ausgeben bestehen sie auf ihre originäre Länderkompetenz, von der sie beim Finanzieren nichts wissen wollen. Wenn der Bund allerdings ohnehin die Rechnung bezahlt und die Länder das Geld nicht gewinnbringend einsetzen, dann drängt sich die Frage auf, weshalb sich Deutschland ein teures politisches System mit 16 Fürstentümern leisten sollte.

    Beim Streit über die Corona-Regeln für Herbst und Winter flehten die Länder den Bund jedenfalls an, Regeln für die gesamte Republik festzulegen, um bloß keine unpopulären Entscheidungen in eigener Verantwortung treffen zu müssen. Wer derart handelt, betreibt Sonnenschein-Föderalismus und untergräbt seine eigene Legitimation. Es geht nicht, einerseits auf eine eigene Staatlichkeit zu bestehen und bei schwierigen Aufgaben die Verantwortung nach Berlin zu schieben.

    Finanzminister Lindner und Kanzler Scholz sollten den Ministerpräsidenten keine Säcke mit Gold mehr vor die Tür stellen und das Märchen von den armen Ländern als das bezeichnen, was es ist: eine Münchhausen-Geschichte, die nicht wahr wird, bloß weil sie immer wieder erzählt wird.

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