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Kommentar: Die Midterms werden zum Glückstag für US-Präsident Biden

Kommentar

Die Midterms werden zum Glückstag für US-Präsident Biden

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    Die Demokraten von US-Präsident Joe Biden haben bei den Zwischenwahlen besser abgeschnitten als erwartet.
    Die Demokraten von US-Präsident Joe Biden haben bei den Zwischenwahlen besser abgeschnitten als erwartet. Foto: Julio Cortez, dpa (Archivbild)

    Man hat sich schon daran gewöhnt, dass Wahlen in den USA für die Demokraten eigentlich immer schlechter laufen als erwartet. So erschien es vielen Beobachtern auch wie das berühmte Pfeifen im Wald, wenn Joe Biden in den vergangenen Wochen tapfer versicherte, er gehe mit Optimismus in die Midterm-Elections. Schließlich deuteten die miserablen Umfragewerte des Präsidenten, die drückende Inflation und die beängstigende Polarisierung der Gesellschaft in eine ganz andere Richtung. Ein Debakel prognostizierte mancher Beobachter und den Verlust einer Rekordzahl von Parlamentsmandaten.

    Insofern kommen die sich nun abzeichnenden Trends der Zwischenwahlen einem kleinen Wunder gleich. Noch ist es zu früh für eine abschließende Wertung, und die tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse werden sich wohl erst in Tagen oder gar Wochen entscheiden. Aber so viel scheint klar: Der von den Republikanern vorhergesagte politische Tsunami entpuppt sich eher als ein heftiges Sommergewitter.

    Regieren wird für US-Präsident Biden schwieriger werden

    Für Biden wird das Regieren sicher deutlich schwieriger werden. Aber seine Verluste bleiben weit unter dem historischen Durchschnitt. Regelrecht zerzaust aber ist Donald Trump, dessen Kandidaten vielfach ein miserables Bild abgaben, während sein parteiinterner Gegenspieler Ron DeSantis einen triumphalen Sieg einfuhr.

    Angesichts des wirtschaftlichen Umfelds könnten die Demokraten mit den Ergebnissen sogar zufrieden sein – wenn es nicht einige Alarmsignale gäbe. Der härteste Schlag ist sicher der Verlust aller Mandate in Florida, das sich vom Swing-State zur Republikaner-Hochburg gewandelt hat. Dahinter steckt ein noch beunruhigenderer Trend: der Einbruch bei den Latino-Wählern. Lange haben die Demokraten die Stimmen der Bürger mit lateinamerikanischen Wurzeln als selbstverständlich eingepreist. Nun zeigt sich etwa in Miami, dass diese in Scharen die Republikaner wählen. Der Frust über die Corona-Auflagen, die viele in ihren Jobs einschränkte, mag dabei eine Rolle gespielt haben. Doch dahinter steckt auch ein kultureller Wandel.

    Anhänger von Trump fechten Wahlergebnisse an

    Besorgniserregend ist auch, dass in einigen Bundesstaaten Kandidaten gewählt wurden, die offen das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen anzweifeln. Gleichzeitig fangen die Trumpianer jetzt an, überall dort, wo sie hinten liegen, die Ergebnisse anzufechten und Rechtsstreitigkeiten vom Zaun zu brechen. Die haben war wenig Aussicht auf Erfolg, verzögern aber den demokratischen Prozess und liefern reichlich Stoff für Verschwörungslegenden in den rechten Echo-Kammern. Für die Präsidentschaftswahl 2024 lässt das gar nichts Gutes erwarten.

    Der große Verlierer des Tages heißt überraschend Donald Trump. Von ihm gepushte Kandidaten fielen bei den Wahlen durch. Für die Kür des republikanischen Präsidentschaftskandidaten ist das eine höchst interessante Entwicklung. Man wird Trump in den nächsten Tagen genau beobachten müssen. Nicht zufällig hat er seinen Rivalen DeSantis schon mit verbalen Seitenhieben und Drohungen bedacht.

    Der siegreiche Gouverneur von Florida ist im Stil disziplinierter und effizienter als der narzisstische Ex-Präsident, in der Sache aber nicht weniger radikal. Trumps gottgleiche Stellung in seiner Partei mag durch das Wahlergebnis zumindest Kratzer bekommen haben. Aber an der extremen Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft und dem aggressiven Vormarsch des Trumpismus hat sich nichts geändert.

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