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Kommentar: Die Kassen brauchen Geld – Lauterbach findet keine Antwort

Kommentar

Die Kassen brauchen Geld – Lauterbach findet keine Antwort

Rudi Wais
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    Ein Pfeil weist den Weg zur Notaufnahme eines Krankenhauses.
    Ein Pfeil weist den Weg zur Notaufnahme eines Krankenhauses. Foto: Julian Stratenschulte, dpa (Symbolbild)

    Unsere Gesundheit ist uns lieb und teuer. Von der Nierentransplantation bis zum Corona-Test sind im vergangenen Jahr fast 470 Milliarden Euro in das deutsche Gesundheitssystem geflossen – 25 Milliarden mehr als im Jahr zuvor. Tendenz: weiter steigend.

    Die Medizin macht immer neue Fortschritte, die Zahl der älteren (und entsprechend kränkeren) Menschen steigt, und die Beschäftigten in der Krankenpflege müssen besser verdienen als bisher, wenn das System nicht irgendwann zusammenbrechen soll. Alles logisch, alles gut begründbar – nur bezahlt werden muss dieses Mehr an medizinischer Versorgung eben auch.

    2023 wird das Defizit der Krankenkassen noch höher ausfallen

    Karl Lauterbach, der Gesundheitsminister, hat darauf bislang keine überzeugende Antwort. Ein Mix aus Beitragserhöhungen, Darlehen und höheren staatlichen Zuschüssen soll nach seinen Vorstellungen das gegenwärtige Loch von mehr als 17 Milliarden Euro bei den gesetzlichen Kassen schließen, das im kommenden Jahr sogar auf bis zu 25 Milliarden Euro anzuwachsen droht. Mit Flickschusterei ist dieses Vorgehen allerdings noch freundlich umschrieben – was Lauterbach vorhat, grenzt in Teilen schon an Arbeitsverweigerung.

    Bestes Beispiel: Hartz IV. Natürlich hat auch jemand, der schon lange arbeitslos ist und von staatlicher Hilfe lebt, im Krankheitsfall Anspruch auf eine gute Behandlung. Die aber muss der Staat aus Steuermitteln finanzieren – und nicht aus den Kassenbeiträgen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei einer Pressekonferenz in Berlin.
    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei einer Pressekonferenz in Berlin. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Im Koalitionsvertrag haben die Ampelparteien sich sogar verpflichtet, das entsprechend zu regeln, nun aber wehrt Lauterbach ab: Das bedeute nicht, dass das auch schon im ersten Jahr umgesetzt wurde. Die zehn Milliarden Euro, die der Bund den Kassen jedes Jahr zusätzlich überweisen müsste, hat Finanzminister Christian Lindner offenbar nicht mehr.

    Eine Bürgerversicherung ist mit der FDP nicht zu machen

    So subventioniert die Gemeinschaft der Beitragszahler faktisch den Finanzminister. Wer aber schon ein solches, vergleichsweise kleines Problem nicht zu lösen in der Lage ist, braucht sich an eine größere Reform des Gesundheitswesens gar nicht erst zu wagen – und die ist dringend nötig, wenn die Beiträge der Kassen nicht immer weiter steigen sollen. Eine Bürgerversicherung, in die alle einzahlen, also auch die bislang privat versicherten Beamten, Freiberufler oder Selbstständigen, ist mit den Liberalen zwar nicht zu machen – ohne Strukturreformen oder Maßnahmen zur Begrenzung von Ausgaben aber werden auch Lauterbachs Nachfolger noch jedes Jahr aufs Neue trickreich versuchen, das System vor dem Kollaps zu bewahren.

    Tatsache ist: Deutschland hat zu viele gesetzliche Krankenkassen, nämlich 97. Ein System mit nur noch zehn oder 15 Versicherungen würde die Verwaltungskosten radikal senken, ohne an der Qualität der medizinischen Versorgung sparen zu müssen. Das Argument, dass mehr Kassen auch mehr Wettbewerb bedeuten und damit dämpfend auf die Beiträge wirken, ist ja längst entkräftet. Und warum nicht wie die Privaten Anreize zum Sparen setzen, indem die Versicherten, die einen Eigenanteil von 200 oder 300 Euro jährlich übernehmen, entsprechend niedrigere Beiträge zahlen? Oder Beschäftigte, die kleinere Ausgaben selbst stemmen, mit Beitragsrückerstattungen belohnen?

    Das deutsche Gesundheitssystem ist durchreguliert bis zum Gehtnichtmehr, das macht es immer träger und teurer. Dagegen hilft am besten eine Spritze mehr Eigenverantwortung. Doktor Lauterbach, übernehmen Sie!

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