Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Die Große Koalition hat im Kampf gegen steigende Mieten versagt

Kommentar

Die Große Koalition hat im Kampf gegen steigende Mieten versagt

    • |
    Alle Mietpreisbremsen-Verordnungen müssen zwingend eine Begründung enthalten.
    Alle Mietpreisbremsen-Verordnungen müssen zwingend eine Begründung enthalten. Foto: Fabian Sommer, dpa (Symbolbild)

    Vor über zwei Jahren hat die Bundesregierung steigenden Mieten den Kampf angesagt. Sie hat diesen Kampf verloren. Für Mieter ist das bitter. Für die Große Koalition ist die Niederlage beschämend, weil sie den Kampf nie entschlossen aufgenommen hat. Zuständig dafür wäre eigentlich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der im Anhang auch noch den Titel des Bauministers führt. Schon das spricht Bände und zeigt, wo die Prioritäten des Ministers liegen. Selbst Parteifreunde versuchen nicht, Seehofers Bilanz schönzureden.

    Neue Immobilien sind oft schlichtweg unbezahlbar

    Er setzte zwar zu Beginn der Legislaturperiode das Baukindergeld durch, das aber nur den Mietern nützt, die Eigentümer werden wollen. Das CSU-Prestigeprojekt kostet den Staat zehn Milliarden Euro und hat vielen Familien geholfen, die den Zuschuss nicht unbedingt gebraucht hätten. Nach dem Baukindergeld kam nicht mehr viel. Anderthalb Millionen Wohnungen sollten in der laufenden Legislaturperiode entstehen, die Marke wird verfehlt. Dabei kann ein höheres Angebot die Preise senken und auf dem überhitzten Immobilienmarkt für Entspannung sorgen. Doch das „kann“ muss in Deutschland durch ein „könnte“ ersetzt werden.

    Denn die Preise für Bauland kennen kein Halten, die Kosten für das Hochziehen neuer Häuser klettern schneller als die Löhne und ausländische Investoren stürzen sich selbst auf C-Lagen in Deutschland. Befeuert wird der Boom durch die Niedrigzinspolitik der Notenbank. Dieses mächtige ökonomische Mahlwerk macht Immobilien teuer und treibt die Mieten. Das Mantra „bauen, bauen, bauen“ geht fehl, weil die neuen Wohnungen und Häuser für Normalverdiener schlichtweg unbezahlbar sind.

    Der Bauminister schaut der Spirale überwältigt zu. Doch Seehofer ist nicht der Einzige, dem hier ein Vorwurf zu machen ist. Die Länder – mit Ausnahme von Berlin und Hamburg – tun es ihm gleich. Sie verstärken die Drehung sogar. Die Grunderwerbsteuer wurde in vielen Ländern angehoben und macht Immobilien teurer. Und auch bei den Sozialwohnungen versagt der Staat. Denn jedes Jahr gehen zehntausende von ihnen verloren, weil sie aus der Preisbindung fallen. Denn die Miete von Sozialwohnungen ist meist für einen Zeitraum zwischen 15 und 25 Jahren gedeckelt. Danach können die Eigentümer sie frei vermieten. Der Neubau kann den Verlust derzeit bei weitem nicht kompensieren.

    Hamburg kämpft immerhin aktiv gegen den Mietenwahnsinn

    Der Immobilienzyklus ist heiß gelaufen und nur der Staat kann ihn durchbrechen. Doch was heißt das konkret? Kommunale Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften müssen beim Neubau prioritär bedacht werden. Je nach Bedarf müssen sie einen Teil des neu ausgewiesenen Baulandes erhalten. Kommerzielle Immobilienunternehmen müssen strengere Auflagen bekommen, einen Teil ihrer Wohnungen zu günstigen Preisen zu vermieten. Die Kommunen selbst müssen schneller werden bei der Freigabe von Bauland. Und Sozialwohnungen müssen länger Sozialwohnungen bleiben.

    Hamburg kann dabei mit seinem unter dem damaligen Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) seit 2011 vorangetriebenen Bündnis für Wohnen in ganz Deutschland als Vorbild gelten. Die Immobilienwirtschaft sagt jedes Jahr den Bau von 10.000 Wohnungen zu und bekommt die Auflage, ein Drittel davon im sozialen Segment zu errichten. Die Stadt verpflichtete sich im Gegenzug, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und Bauland aus eigenen Flächen zur Verfügung zu stellen.

    Zweifelsohne ist Hamburg auch nicht das Paradies für Mieter, aber die Hansestadt kämpft immerhin aktiv gegen den Mietenwahnsinn.

    Lesen Sie dazu auch:

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden