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Kommentar: Die deutschen Häuslebauer erleben eine stille Tragödie

Kommentar

Die deutschen Häuslebauer erleben eine stille Tragödie

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    Laut Angaben des Statistischen Bundesamts gingen die Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser im Vergleich zum Vorjahr um 17,8 Prozent zurück.
    Laut Angaben des Statistischen Bundesamts gingen die Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser im Vergleich zum Vorjahr um 17,8 Prozent zurück. Foto: Jan Woitas, dpa

    In der aktuellen Bau-Krise richtet sich der Blick der Bundesregierung viel zu einseitig auf Miet- und Sozialwohnungen. Dabei platzt gerade für immer mehr Menschen aus der Mitte der Gesellschaft der Traum von den eigenen vier Wänden. Nicht mit einem lauten Knall, sondern mit leisem Weinen in jungen Familien, die ihre lang gehegten Vorhaben oft in letzter Minute stoppen müssen. Weil sie plötzlich unbezahlbar sind, wegen gestiegener Kosten für Material, Arbeit und Kredite.

    Dass gerade so viele Projekte aufgegeben werden, ist aber nicht nur für die Betroffenen eine Katastrophe, sondern für die ganze Gesellschaft. Bauministerin Clara Geywitz von der Kanzlerpartei SPD muss hier dringend nacharbeiten. Schließlich zählte es zu Zeiten von Willy Brandt und Helmut Schmidt zu den großen sozialdemokratischen Versprechen, dass sich auch Arbeiter, wenn sie fleißig und sparsam sind, ein Häuschen am Stadtrand leisten können. Damals ging das oft mit nur einem Lohn pro Familie. Heute haben selbst Doppelverdiener-Haushalte mit stattlichen Einkommen ihre liebe Not, einen Immobilienkredit zu bedienen.

    Die Mitte der Bevölkerung ist beim Thema Eigenheim frustriert

    Wenn das eigene Heim für eine breite Mitte der Bevölkerung in immer weitere Ferne rückt, ist das Gift für den sozialen Frieden. Gerade droht sich eine gefährliche Dreiteilung der Gesellschaft zu verstärken und zu vertiefen. Am unteren Rand, bei den Beziehern von Transferleistungen, an die immer weniger Bedingungen geknüpft sind, kommt der Staat für Miete und Heizkosten auf. Am oberen Rand, wo die Häuser groß und die Vermögen größer sind, spielen die aktuellen Kostensteigerungen kaum eine Rolle. In der arbeitenden Mitte der Bevölkerung aber herrscht bitterer Frust, weil Eigentumserwerb zunehmend illusorisch ist und die Mieten, von den Heizkosten ganz zu schweigen, immer mehr vom zuvor saftig besteuerten Einkommen auffressen.

    Während die Ukraine-Krise der Hauptgrund für den Teuerungsschock am Bau ist, hat auch die öffentliche Hand ihren Anteil daran. Grund- und Grunderwerbsteuer, überbordende Planungsauflagen und immer strengere Umweltstandards, deren Kosten in keinem vernünftigen Verhältnis zum klimaschützerischen Ertrag stehen, machen Projekte viel zu teuer. Im Koalitionsvertrag finden sich einige sinnvolle Ansätze, etwa entschlackte Genehmigungsprozesse oder günstige Kredite, die fehlendes Eigenkapital ersetzen sollen. Doch in der Summe ist es viel zu wenig, was die Ampel für Häuslebauer plant. Dabei leisten auch sie einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Wohnungsnot: Meist wird eine Mietwohnung frei, wenn eine Familie ihr neues Eigenheim bezieht.

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