Deutschland schlummerte einen langen Schlaf der außenpolitischen Vergessenheit. Erst als Wladimir Putin die Ukraine überfiel, wachte das mächtigste Land Europas in Panik auf. Mit 200 Milliarden auf Pump wurde der Energieschock nach der Invasion abgefangen, für die äußere Sicherheit sorgten und sorgen die USA mit ihrer Militärmacht. Durch die brutale Rückkehr der Geopolitik ("Macht schlägt Recht") rückte sofort das Verhältnis zu China in den Blickpunkt.
Es ist gut, dass die Bundesregierung nun ihre China-Strategie vorgelegt hat. Es hat zwar einige Monate länger gedauert als geplant, aber das ist letztlich zweitrangig. Bedeutsam ist es, vom Papier in die außenpolitische Praxis zu kommen. Da wartet viel Arbeit, vor allem was die sichere Versorgung mit Rohstoffen angeht. Zwar hielt man hierzulande fleißig Konferenzen über das Thema ab, aber Verträge mit Ländern, die über reiche Vorkommen verfügen, sind Mangelware. Bei den Seltenen Erden für die Hightech-Industrie stammen über 90 Prozent aus China. Es ist vielleicht das beste Beispiel für die Abhängigkeit von Peking, die der Schlummer gebar.
Niemand der globalen Partner wartet auf Deutschland
Die Bundesregierung muss sich also schnellstens für Rohstoffverträge in Südamerika und Afrika einsetzen. Ihr muss dabei klar sein, dass niemand auf Deutschland und die Europäer wartet. Was zählt, ist Cash. Moralisches Überlegenheitsgetue der einstigen Kolonialmächte stößt ab. Ein guter Ansatz ist, mehr Wertschöpfung in den Förderländern zu belassen. Bisher war es so: Die Afrikaner oder Südamerikaner holten die wertvollen Metalle aus der Erde, hatten den Dreck und eine kaputte Umwelt, während in Europa, Nordamerika und Asien das große Geschäft gemacht wurde. Faire Arbeitsbedingungen, Umweltschutz und die Weiterverarbeitung der Rohstoffe vor Ort könnten Argumente für die EU sein.
Das Problem dabei ist: China und auch Russland sind längst da und vertreten rustikal ihre Interessen. Der Blick muss also auch auf heimische Reserven gehen. Sie gibt es und sie sind auch erkundet, aber ihre Ausbeutung war entweder zu teuer oder zu dreckig. Das sollte sich ebenfalls ändern, um Abhängigkeiten zu reduzieren. Gerade Deutschland geißelte die Übel der Welt, duldete aber großzügig, wenn sie in fernen Erdteilen geschahen. Denn wichtiger als die eigene Moral war dann doch das Geschäft.
Um nicht wieder in eine fatale Abhängigkeit zu geraten, muss die Basis verbreitert werden. Wer erpressbar ist, sitzt im Zweifel in der Grube. Wie sagte es Außenministerin Annalena Baerbock bei der Vorstellung der Strategie sinngemäß - ein zweites Mal kann Deutschland einen solchen Schock nicht abfangen: „Das bricht uns das Genick.“