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Kommentar: Die Brüsseler erleben beim Anschlag am Montagabend ein Déjà-vu

Kommentar

Die Brüsseler erleben beim Anschlag am Montagabend ein Déjà-vu

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    Nach den tödlichen Schüssen auf zwei schwedische Fans in Brüssel wird es bei den EM-Qualifikationsspielen am Abend eine Schweigeminute geben.
    Nach den tödlichen Schüssen auf zwei schwedische Fans in Brüssel wird es bei den EM-Qualifikationsspielen am Abend eine Schweigeminute geben. Foto: Lou Lampaert/Belga, dpa

    Die Brüsseler erleben gerade ein furchtbares Déjà-vu. Wieder tötete ein Mann in ihrer Stadt auf offener Straße unschuldige Menschen mit einer Kriegswaffe; wieder herrscht Ausnahmezustand. Und wieder gilt die höchste Terrorwarnstufe. Der Anschlag vom Montagabend in der belgischen Hauptstadt reißt bei der Bevölkerung Wunden auf, die längst noch nicht verheilt waren. Zu tief sitzt das Trauma des Attentats islamistischer Terroristen vom 22. März 2016, als bei drei Bombenexplosionen 32 Menschen ums Leben kamen. Schon jetzt aber mischen sich in die Bestürzung schwierige Fragen an die Behörden. Hätte der jüngste Anschlag nicht verhindert werden können?

    Der mutmaßliche Täter des Anschlags in Brüssel hielt sich illegal in Europa auf

    Der Täter war ein tunesischer Staatsbürger, der 2019 in Belgien Asyl beantragt, den Schutzstatus aber nicht bekommen hatte. Eigentlich hätte er längst in seine Heimat abgeschoben werden müssen. Warum also hielt sich der Islamist noch illegal in Europa auf, noch dazu wenn die Polizei bereits vor Jahren gewarnt wurde vor seinem „radikalen Profil“? Die ohnehin bitter geführte Migrationsdebatte dürfte in den nächsten Tagen durch die Attacke noch befeuert werden, auch wenn ein Rundumschlag unangebracht scheint. Hier handelte es sich offenbar um einen islamistischen Einzeltäter, der sich als Krimineller durch das Raster manövrierte. Zu einer Zelle, die Anschläge organisiert und orchestriert, wie es sie zur Hochphase der IS-Gewalt gab, gehörte Abdesalem L. nach bisherigen Kenntnissen nicht. Trost können solche Details im Moment der Trauer und Angst keinen spenden. Vielmehr ist die Tat ein schrecklicher Weckruf. Große Teile der krisenerschöpften Öffentlichkeit hatten die Gefahr verständlicherweise verdrängt angesichts der zahllosen anderen geopolitischen Baustellen. Die Welt scheint völlig aus den Fugen geraten. Gerade deshalb müssten die Behörden die Sicherheitslage neu in den Fokus nehmen. Der Anschlag ist eine Erinnerung, dass der islamistische Terrorismus auch in Zeiten von Ukraine-Krieg und aufgeflammtem Nahost-Konflikt aus Europa nicht verschwunden ist. Im Gegenteil.

    Europa muss in der Migrationspolitik zusammenstehen

    Nun forderte der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson, „wir in Schweden und in der EU müssen unsere Grenzen besser kontrollieren“. Die große Frage bleibt: Wie? Zäune, Schlagbäume und Mauern bieten keineswegs eine Lösung, auch wenn Rechtspopulisten diese simple Formel gerne als Patentrezept in Aussicht stellen. Für Sofa-Experten ist es auch ein Leichtes, zu verlangen, dass abgelehnte Asylbewerber „einfach“ und besser gestern als heute zurückgeschickt werden sollen, wo immer dieses Zurück liegen mag. Im Transitland? Im Herkunftsstaat? Zur Wahrheit gehört, dass zahlreiche Abschiebungen nicht funktionieren, weil einige Drittländer die Menschen nicht wieder aufnehmen möchten. Hinzukommt, dass häufig die Infrastruktur in Deutschland, Frankreich oder Belgien fehlt, um konsequente Verfahren zu garantieren, ob es um mehr Plätze in Abschiebehaften geht oder um Flugzeuge zur Rückführung. In Talkshows über nationale Lösungen zu philosophieren, führt angesichts der wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen in der Gemeinschaft ebenfalls in die Sackgasse.

    Am Ende hilft nur eine europäische Lösung. Ein Kompromiss über eine deutliche Verschärfung des Asylrechts zeichnet sich nun ab. Sie setzt im Kern auf Abschottung und Abgrenzung. Mehr ist derzeit in der Migrationspolitik nicht möglich, aber vielleicht ist es auch genug, zumindest auf lange Sicht gesehen. Zu den Lehren der vergangenen Krisenjahre zählt, dass irreguläre Migration kurzfristig nur über Kooperationen mit sicheren Herkunfts- und Drittstaaten eingedämmt werden kann. Zu ihnen gehört Tunesien, die Heimat des Attentäters Abdesalem L. Im Sommer erst überwies die EU dem autokratischen Präsidenten Tunesiens, Kais Saied, Millionen, damit seine Regierung Migranten nicht nur davon abhält, sich in Boote zu zwängen und nach Italien überzusetzen, sondern abgelehnte Asylbewerber auch wieder zurücknimmt. Bislang wird keines dieser Ziele erreicht. Will Europa aber Taten von illegal in Europa lebenden Menschen und Debatten wie die jetzt aufkommende in Zukunft vermeiden, dürfen solche Deals nicht weiter wirkungslos bleiben.

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