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Kommentar: Die Aussöhnung mit Syriens Diktator Assad ist ein schwerer Fehler

Kommentar

Die Aussöhnung mit Syriens Diktator Assad ist ein schwerer Fehler

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    Kais Saied, Präsident von Tunesien (von links nach rechts), Baschar al-Assad, Präsident von Syrien, und Abdel Fatah El-Sisi, Präsident von Ägypten, bei einem Gruppenfoto während des arabischen Gipfels.
    Kais Saied, Präsident von Tunesien (von links nach rechts), Baschar al-Assad, Präsident von Syrien, und Abdel Fatah El-Sisi, Präsident von Ägypten, bei einem Gruppenfoto während des arabischen Gipfels. Foto: Egyptian President Office/APA Images via ZUMA Press Wire, dpa

    Hunderttausende Tote, Millionen Vertriebene, Städte in Schutt und Asche – alles vergeben und vergessen: Die arabische Welt hat sich mit dem syrischen Staatschef Baschar al-Assad versöhnt. Erstmals seit 2011 durfte Assad an einem Gipfeltreffen der Arabischen Liga teilnehmen. Die arabischen Staaten versprechen sich von der Wiederannäherung an den Machthaber in Damaskus politische Vorteile. Doch die wird es nicht geben. Assad wieder salonfähig zu machen, ist ein schwerer Fehler.

    Für Assad ist die Rückkehr auf die internationale Bühne ein Triumph – und er bekommt ihn auch noch geschenkt. Zwar erklärten die arabischen Staaten zunächst, der syrische Präsident müsse Vorleistungen erbringen, etwa bei den Verhandlungen mit der Opposition über eine neue Verfassung oder bei der Rückkehr von Bürgerkriegsflüchtlingen aus den Nachbarstaaten. Doch dann traf Assad zum Gipfel im saudischen Dschidda ein, ohne dass er nennenswerte Zugeständnisse gemacht hätte.

    Abgesehen von der moralischen Frage, ob man sich mit einem Kriegsverbrecher an einen Tisch setzen sollte: Auch realpolitische Überlegungen sprechen gegen die Haltung der Araber. Gipfel-Gastgeber Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und andere arabische Länder wollen Assad einbinden, um ihn zu zähmen. Versuche, ihn zu stürzen oder zu isolieren, haben nichts gebracht, lautet das Argument. Die Führungsmacht Saudi-Arabien hat sich auch mit dem Erzfeind Iran ausgesöhnt und bemüht sich um ein Ende des Krieges im Jemen. Riad will Ruhe in der Region, um den Umbau der saudischen Wirtschaft ohne störende Konflikte vorantreiben zu können.

    Assad hat auch kein Interesse daran, Flüchtlinge wieder aufzunehmen

    Gegen diesen Versuch ist zwar nichts einzuwenden. Auch ist nachvollziehbar, dass sich die Araber nicht mehr auf den Westen verlassen wollen, der in ihren Augen in Syrien versagt hat und sich von der Region abwendet. Der Plan setzt aber voraus, dass Assad mitspielt, doch da machen die Araber ihre Rechnung ohne den Wirt. Assad hat mithilfe von Russland und des Iran zwölf Jahre Krieg überstanden – warum sollte er plötzlich einer friedlichen Konfliktlösung zustimmen, um den Nachbarn, die jahrelang die Rebellen in seinem Land bewaffnet haben, einen Gefallen zu tun? Die Araber hoffen auch darauf, dass Assad den Schmuggel der Droge Captagon in ihre Länder einstellt. Doch allein in den letzten Wochen wurde Captagon aus

    Assad hat auch kein Interesse daran, Flüchtlinge wieder aufzunehmen. Angeblich erlaubt Syrien die Rückkehr von 1000 Menschen aus Jordanien – doch das kleine Land hat 600.000 Syrer aufgenommen. Zugeständnisse an die Opposition kommen für Assad ebenfalls nicht infrage. Schließlich hat seine Armee die Rebellen aus vielen Landesteilen zurückdrängen können. Die arabischen Staaten brocken sich darüber hinaus Probleme mit dem Westen ein, der den Druck auf Assad aufrechterhalten will. Das US-Parlament berät über neue Syrien-Sanktionen, mit denen Flughäfen in arabischen Ländern bestraft werden können, die syrische Maschinen landen lassen. Wenn Assad – wie von den VAE gewollt – im November zur Weltklimakonferenz nach Dubai reist, dürften westliche Spitzenpolitiker zu Hause bleiben. Das wäre der nächste Triumph für den syrischen Machthaber.

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