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Kommentar: Die Atomkraft war nie und wird nicht mehr der Teil der Lösung

Kommentar

Die Atomkraft war nie und wird nicht mehr der Teil der Lösung

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    Die Kühltürme des am Silvestertag 2021 abgeschalteten Atomkraftwerkes Gundremmingen in Bayern.
    Die Kühltürme des am Silvestertag 2021 abgeschalteten Atomkraftwerkes Gundremmingen in Bayern. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

    Es gibt wenig, wo Anspruch und Wirklichkeit derart voneinander abweichen wie bei dem, was die Kommission am späten Silvesterabend der Europäischen Union als wenig Zukunft verheißenden Neujahrsgruß geschickt hat.

    Die Rede ist von der sogenannten EU-Taxonomie. Hinter dem sperrigen Begriff steckt ein Regelwerk, ein Kriterienkatalog, der es Investoren erleichtern soll, Geld in umweltfreundliche Projekte zu stecken. Das Ganze ist Teil des Green Deals der EU. Bis 2050 soll der Kontinent klimaneutral sein. Die Taxonomie soll helfen, privates Kapital zu aktivieren, um schneller ans Ziel zu kommen. Was glaubhaft als grün gelabelt ist, findet auf den Finanzmärkten leichter Geldgeber, so die Idee.

    Nun hat die Kommission unter vielem anderen auch vorgeschlagen, dass Investitionen in Atomkraftwerke – unter bestimmten Anforderungen – als grün klassifiziert werden können. Das findet die französische Regierung super. Ferner hat die Kommission vorgeschlagen, dass neue Gaskraftwerke ebenfalls übergangsweise als nachhaltig eingestuft werden können. Zumindest das findet auch die neue deutsche Bundesregierung schön. Die Gründe erschließen sich jeweils schnell: Frankreich hat 56 Atomkraftreaktoren laufen, die finanziert werden wollen. Deutschland ist – aus sehr guten Gründen – aus der Kernkraft ausgestiegen, will aber bis 2030 weg vom Kohlestrom und braucht somit sehr dringend eine Übergangstechnologie.

    EU will Atomkraft fördern: Was wird Robert Habeck unternehmen?

    Um das vorwegzunehmen: Auch wenn die Konsultationsfristen zu dem Vorschlag noch laufen, ist es höchst unwahrscheinlich, dass sich im Europäischen Parlament oder den Mitgliedstaaten Mehrheiten finden, die den Vorschlag verhindern. Und der neue grüne Klimaminister Robert Habeck hat zwar gesagt, was er als Vertreter einer Anti-AKW-Partei zu sagen hat. Ob er aber sehr, sehr aktiv werden wird, um an dem in Brüssel lange hin- und hergezerrten Kompromiss noch substanziell etwas zu ändern? Abwarten.

    Jedes EU-Land kann seinen Weg zur Klimaneutralität selbst wählen. Deutschland braucht bis dahin Gaskraftwerke (und hat auch eine recht große Pipeline in der Ostsee, die darauf wartet, in Betrieb genommen zu werden). In Frankreich sind die finanzintensiven Atomkraftwerke weitgehend in staatlicher Hand. Und ein wahlkämpfender Macron kann Erfolge auf europäische Ebene gerade gut gebrauchen.

    Ungeachtet dessen, ob man für diese Gemengelage Verständnis aufbringen möchte, läuft es aus nationaler Perspektive hierauf hinaus: Während in Deutschland Ende des Jahres die letzten Meiler vom Netz gehen, wird künftig auch über den EU-Etat – mit deutschem Geld – Kernenergie in den Nachbarstaaten gefördert. Und wenn das Wetter unpassend ist, müsste gegebenenfalls noch AKW-Strom importiert werden? Etwa aus Frankreich, das auf kleinere moderne Reaktoren setzt, mit dem Argument, dass die Kernenergie emissionsärmer sei.

    Es gibt noch abertausende Tonnen Atommüll, für die es kein Endlager gibt

    Nun ist der deutsche Weg nicht zwangsläufig der europäische Königsweg, um klimaneutral zu werden. Aber man kann es nicht oft genug wiederholen: Es gibt abertausende Tonnen hoch radioaktiven Müll, aber kein Endlager. Auch in Deutschland nicht. Denn welcher Politiker welchen Landes will seinen Wählern das Zeug vor der Haustüre zumuten? Und nun soll mit EU-Geldern noch mehr Atommüll produziert werden? Die Atomkraft ist nicht Teil der Lösung im Kampf gegen den Klimawandel. Sie schafft nur mehr Probleme. Dieser EU-Taxonomie-Kompromiss ist unglaubwürdig und gehört überarbeitet. Auch wenn

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