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Kommentar: Die Asylpolitik birgt viel Sprengstoff für die Ampel

Kommentar

Die Asylpolitik birgt viel Sprengstoff für die Ampel

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    Ein polnischer Militärhubschrauber fliegt über eine Gruppe Migranten, die sich an der weißrussisch-polnischen Grenze versammelt haben.
    Ein polnischer Militärhubschrauber fliegt über eine Gruppe Migranten, die sich an der weißrussisch-polnischen Grenze versammelt haben. Foto: Leonid Shcheglov, dpa

    Es sind schreckliche, herzerweichende Szenen, die sich gerade an der Grenze zwischen Polen und Belarus abspielen. Geflüchtete Menschen werden in von belarussischer Seite organisierten Trecks an die Zäune geführt, wo sich ihnen polnische Grenzschützer martialisch entgegenstellen. Hauptziel, das zeigt sich in ihren Sprechchören, ist Deutschland. Die Bilder erinnern an das Jahr 2015, als Hunderttausende kamen.

    Mit 2015 ist die Situation nicht vergleichbar

    Doch die Situation heute ist grundlegend anders. Die Menschen kommen nicht direkt aus tobenden Bürgerkriegen, sondern aus sicheren Drittländern. Ihnen droht in Belarus auch keine politische Verfolgung, sie sind ja vom eng mit Russland verflochtenen Potentaten Alexander Lukaschenko eingeladen worden.

    Kaltherzig riskiert er den Kältetod der Verzweifelten. Ihnen sollte die EU großherzig helfen, das zynische Spiel des Diktators aber schnell beenden. Etwa durch harte Sanktionen gegen alle Staaten und Fluglinien, die sich daran beteiligen. Was sich an Europas Ostgrenze einmal mehr zeigt, ist, dass sich die Lage in Sachen Asyl und Migration noch genauso verworren darstellt wie vor sechs Jahren. Nichts ist geschehen, allen politischen Ankündigungen zum Trotz. Das gefährdet nicht nur den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland, sondern das gesamte europäische Einigungsprojekt.

    Die Haltung Deutschlands ist zwiespältig

    Deutschland besteht aufgrund seiner Geschichte auf dem hehren Prinzip der offenen Grenzen für jeden, der Asyl begehrt, verurteilt hochmütig Staaten, in denen der Diskurs anders läuft. Berlin bezahlt aber gleichzeitig dubiose Türsteher dafür, die Migranten aufzuhalten. Die zweifelhafte libysche Küstenwache, den türkischen Autokraten Erdogan, korrupte Regime entlang der Fluchtrouten in Afrika und auf dem Balkan.

    Für dieses Konstrukt ist auch Angela Merkel verantwortlich. Doch die wird das brisanteste Feld ihrer Kanzlerschaft an deren Ende sicher nicht mehr betreten. Und in den laufenden Gesprächen über eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP ist das Thema Sprengstoff. Denn die jeweiligen Positionen klaffen weit auseinander. Ein großes Herz gegenüber den Mühseligen der Welt ist in der

    Alexander Lukaschenko, Präsident von Belarus.
    Alexander Lukaschenko, Präsident von Belarus. Foto: Maxim Guchek, dpa

    Klar ist also, dass die künftige deutsche Migrationspolitik ein starkes humanitäres Element aufweisen wird. Statt auf eine ungeregelte Aufnahme aller, die einen Schleuser bezahlen können, sollte dabei aber eher auf einen Ausbau des sogenannten Resettlements gesetzt werden. Das würde bedeuten: Deutschland wählt in enger Abstimmung mit den Vereinten Nationen direkt in den Auffanglagern der Krisenregionen die Menschen aus, die am dringendsten Hilfe benötigen. Diese werden dann nach Deutschland ausgeflogen und intensiv bei der Integration unterstützt.

    Deutschland muss klare Verhältnisse schaffen

    Aus Sicht der FDP sollte sich Migration dagegen künftig stärker an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientieren. Je besser die Qualifikationen einer Migrantin oder eines Migranten, desto höher sollten aus liberaler Sicht die Chancen auf Aufnahme sein. Auch das ist legitim, würde Deutschland Fachkräfte und Renten sichern. Nur halten diese Formen der gesteuerten, legalen Migration zunächst nicht die irreguläre Zuwanderung auf. Eine menschliche Einwanderungspolitik bedarf auch der Konsequenz, des Grenzschutzes und notfalls der Zurückweisung. Statt erpressbar muss sich Deutschland endlich ehrlich machen und zusammen mit den europäischen Partnern klare Verhältnisse schaffen.

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