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Kommentar: Die Ampel-Parteien testen im Haushaltsstreit die Grenzen der Koalition aus

Kommentar

Die Ampel-Parteien testen im Haushaltsstreit die Grenzen der Koalition aus

Stefan Lange
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    Geldscheine liegen in der Einkaufskasse eines Einzelhandelsgeschäfts.
    Geldscheine liegen in der Einkaufskasse eines Einzelhandelsgeschäfts. Foto: Marijan Murat, dpa

    Nicht erst seit Corona haben sich bei den öffentlichen Ausgaben die Maßstäbe deutlich verschoben. Waren früher Millionensummen im zwei- oder dreistelligen Bereich eine Nachricht oder gar einen Aufreger wert, so haben die Hilfspakete in der Pandemie einen Gewöhnungsprozess in ganz andere Regionen ausgelöst. Es geht längst um viel höhere Summen und das Milliardenspiel hat offenbar den Erwartungshorizont vieler Ministerinnen und Minister im Kabinett von Olaf Scholz in einem ärgerlichen Ausmaß erweitert. Die Zeitenwende darf 100 Milliarden Euro kosten, die Kindergrundsicherung mindestens ein Zehntel davon, die Liste ließe sich um viele Beispiele erweitern. Finanzminister Christian Lindner stemmt sich der Flut an Ausgabenwünschen tapfer entgegen und verhindert, dass das Land darin untergeht.

    Der Haushaltsstreit geht auf Kosten der nachfolgenden Generationen

    Man weiß nicht, was viele Koalitionäre dazu treibt, mit immer neuen Projekten um die Ecke zu kommen. Es gibt kein Maß, keine Mitte und vor allem keine Bereitschaft, eigene Bedürfnisse um der Sache wegen – der Einhaltung der Schuldenbremse - zurückzustellen. Phasenweise wähnt man sich auf einem Kindergeburtstag, bei dem Papa Lindner alle Wünsche erfüllen soll. Würde ein Privathaushalt derart großzügig wirtschaften, wäre er morgen pleite. Der Einwand, dass für einen Staat andere Bedingungen gelten und die Gesamtverschuldung noch relativ gering ist, zieht dabei nicht. Erstens macht Deutschland gerade neue Schulden, dass es nur so kracht. In der Bilanz werden die als Sondervermögen getarnt, doch am Ende sind es frische Kredite, die zu bedienen vor dem Hintergrund steigender Leitzinsen teurer wird. Zweitens versiegen die bislang sprudelnden Steuerquellen zusehends: Die Regierung erwartet in der Mittelfristprojektion ab nächstem Jahr eine durchschnittliche Wachstumsrate von unter einem Prozent.

    Lindner hätte die Eckpunkte für den Haushalt 2024 am Mittwoch vorstellen wollen. Der Termin wurde gestrichen, weil der FDP-Chef in den Etat selbst noch einiges streichen muss. Solche Verschiebungen gab es in der Vergangenheit immer mal wieder, die Lage war aber selten so ernst. Denn die Probleme wären lösbar, würde es nur um nackte Zahlen gehen. Doch die Etatdebatte wird von SPD, Grünen und FDP längst dazu benutzt, die Grenzen der Koalition auszutesten. Diese Profilierung geht auf Kosten der nachfolgenden Generationen und muss durch ein Machtwort des Kanzlers beendet werden. Dessen Hoffnung, dass sich der Streit bei zunehmender Dauer von selbst erledigt, hat sich nicht erfüllt. 

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