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Kommentar: Die Ampel muss zur Zeitenwende stehen

Kommentar

Die Ampel muss zur Zeitenwende stehen

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    Die Ampel muss zur Zeitenwende stehen
    Die Ampel muss zur Zeitenwende stehen Foto: Lars Klemmer, dpa

    Der Moment, in dem Olaf Scholz die Zeitenwende bei den deutschen Streitkräften verkündete, war der stärkste seiner gesamten Amtszeit. Drei Tage nach dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine wirkte er wie ein Staatsmann, der auf eine historische Herausforderung die einzig richtige Antwort gibt. Lässt es der Bundeskanzler heute zu, dass die Klarheit seines Versprechens von damals in irgendwelchen Rechenspielen verschwurbelt wird, wirkt er nicht wie ein Staatsmann, sondern wie ein windiger Taktierer. Und braucht sich nicht wundern, wenn ihm die Menschen im Land immer weniger zutrauen, seiner Aufgabe gewachsen zu sein.

    Zum Versprechen des Kanzlers gehörte nicht nur das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro, sondern auch das Bekenntnis, künftig jährlich zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die Verteidigung auszugeben. Ein Versprechen übrigens, das Deutschland und seine Verbündeten einander schon 2002 auf dem Nato-Gipfel in Prag gegeben hatten, als Scholz' Parteifreund Peter Struck Verteidigungsminister war. Die Zeitenwende-Ansage war also nur konsequent. Doch jetzt kommt die Rolle rückwärts und sie sendet ein verheerendes Signal. Eine Passage im Haushaltsentwurf für das kommende Jahr, mit der sich die Bundesregierung bindend auf die Marke festgelegt hätte, wurde im Kabinett gestrichen. Darauf gedrängt, das Nato-Ziel lediglich im Durchschnitt mehrere Jahre anzupeilen, habe Regierungskreisen zufolge Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen - die es eigentlich besser wissen müsste. Denn es geht um Deutschlands Ruf in der internationalen Gemeinschaft. 

    Deutschland kann sich bei seiner Verteidigung nicht nur auf die USA verlassen

    Scholz, Baerbock und den anderen Ampelkoalitionären scheint nicht klar zu sein, dass im kommenden Jahr in den USA Präsidentschaftswahlen sind. Wie sie ausgehen, steht in den Sternen, keineswegs ausgeschlossen ist etwa, dass der nächste Präsident wieder Donald Trump heißt. Egal, wer gegen wen antritt, eine Frage wird im Wahlkampf eine gewichtige Rolle spielen. Sie lautet: Warum sollen wir Amerikaner heute noch mit viel Geld und dem Leben junger Landsleute die Sicherheit von Ländern garantieren, die sich selbst einen schlanken Fuß machen? Alles andere als ein klares deutsches Bekenntnis zu einer stärkeren Rolle innerhalb des westlichen und europäischen Verteidigungsgefüges wäre Wasser auf die Mühlen jener Kräfte in den USA, die der Meinung sind, die Europäer sollten sich um ihre Angelegenheiten endlich alleine kümmern. 

    Ohne die Amerikaner und die Nato lässt sich die Sicherheit Deutschlands auch auf lange Sicht nicht gewährleisten. Es bedarf noch vieler Jahre konsequenter Anstrengungen, um die Bundeswehr überhaupt wieder halbwegs fit zu machen -selbst bei Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels. Ja, Deutschland ist gerade knapp bei Kasse und allen anderen Ressorts hat Finanzminister Christian Lindner von der FDP Sparmaßnahmen aufgebrummt. Doch jammern hilft nicht. Weil die Bundeswehr - in Zeiten, in denen genug Geld da war - kaputtgespart wurde, duldet ihre Sanierung jetzt keinerlei Aufschub. Dass andere Ministerinnen und Minister ihrem beliebten Verteidigungskollegen Boris Pistorius das bisschen Extra-Butter auf dem Brot nicht gönnen und damit alle Angehörigen der Bundeswehr vor den Kopf stoßen, ist fatal. Um es knallhart und hoffentlich überzogen zu sagen: Wenn Putin, was gute Mächte verhindern mögen, in der Ukraine die Oberhand gewänne und sein Eroberungsdrang anschließend immer noch nicht gestillt wäre, fände jeder innerdeutsche Zank über höhere Sozialleistungen, neue Heizungen, Hilfen für die Wirtschaft oder eine feministische Außenpolitik ein schnelles Ende.

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