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Kommentar: Die Ampel ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied: die FDP

Kommentar

Die Ampel ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied: die FDP

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    Der Wahlausgang in Niedersachsen stellt aus Sicht des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner ein Problem für die gesamte Ampel-Koalition in Berlin dar.
    Der Wahlausgang in Niedersachsen stellt aus Sicht des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner ein Problem für die gesamte Ampel-Koalition in Berlin dar. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Jede Koalition ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Schon rein größenmäßig ist das in der Ampel die FDP. Doch seit sie mit SPD und Grünen in Berlin regiert, ist sie regelrecht schwindsüchtig geworden. Im Saarland und jetzt in Niedersachsen aus dem Parlament geflogen, in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein aus der Regierung – das muss Parteichef Christian Lindner mächtig zu denken geben.

    Wundern, dass seine FDP nach einem Jahr im Bett mit zwei linken Partnern selbst als linke Partei wahrgenommen wird, darf er sich nicht. Auch die eigene Verantwortung braucht er nicht zu leugnen. Sein Versprechen, auf solide Buchführung zu achten, hat er als Finanzminister kreativ umgangen, mag es in der Ukraine-Krise noch so gute Gründe dafür geben. An gewaltigen neuen Schulden hängt nun eben das Schild "Sondervermögen".

    Die FDP muss wieder mehr zum liberalen Korrektiv in der Ampel werden

    Es bleibt der FDP-Spitze jetzt praktisch nur, wieder stärker und noch lauter zu versuchen, in dieser Ampel die finanzpolitische Stimme der Vernunft, das liberale Korrektiv zu sein. Für Kanzler Olaf Scholz wird es dadurch noch schwieriger, den Regierungsfrieden zu erhalten. Kein leichtes Unterfangen, weil auch seine SPD zu den Verlierern der Niedersachsen-Wahl gehört. Nur dem soliden Amtsbonus des unaufgeregt-nüchternen Stephan Weil ist der Wahlsieg zu verdanken, nicht etwa einem Rückenwind aus Berlin. Denn den gab es nicht.

    Zu viele Ampel-Entscheidungen kosten Zustimmung bei zu vielen Wählergruppen. Scholz wird selbst aus Grünen und FDP kritisiert für seine Zurückhaltung bei Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Bürgergeld-Reform seiner SPD erweckt bei Geringverdienern den Eindruck, Arbeit lohne sich bald gar nicht mehr. Und der einstige Ampel-Superstar Robert Habeck von den Grünen verstört weite Teile der Bevölkerung mit dem Beharren, in der schlimmsten Energiekrise Atomkraftwerke abzuschalten.

    Riesige Herausforderungen erfordern klare Antworten

    Angesichts der Wucht der Krise müssen die Ampel-Partner von der Devise abrücken, dass jeder sein Gärtchen bekommt, in dem er pflanzen darf, was er will. Denn das führt einerseits zu Wildwuchs, andererseits bleiben die steinigen Felder unbestellt. Das starke Ergebnis der AfD hat die Ampel auch mitverschuldet, indem sie den Rechtspopulisten das Thema Zuwanderung geradezu fahrlässig überließ. CDU-Chef Friedrich Merz hat das zwar erkannt, sich mit seinem Sozialtourismus-Vorwurf gegen Ukrainer aber völlig im Ton vergriffen. Entschlossene Hilfe für geflüchtete Menschen aus der Ukraine wird von einer großen Mehrheit der Bevölkerung unterstützt. Doch die Herausforderungen bei Unterbringung und Versorgung sind groß und stehen schwindenden Mitteln entgegen. Da hat Merz einen Punkt. Bürgermeister und Landräte schlagen Alarm, weil gleichzeitig immer mehr Flüchtlinge aus Ländern wie Syrien, dem Irak oder Afghanistan kommen, oft aus sicheren Drittländern. Wenn die Ampel – etwa beim "Flüchtlings-Gipfel" des Innenministeriums an diesem Dienstag – keine überzeugenden Antworten auf diese Herausforderungen liefert, wird der Wählerprotest weiter zunehmen. Und mit ihm die Fliehkräfte innerhalb der Koalition.

    Schon einmal ist die FDP nach einer Regierungsbeteiligung direkt aus dem Bundestag geflogen, 2013 nach einem Bündnis mit der Union. Im Moment ist es für Lindner keine Option, die Koalition zu beenden. Inmitten eines weltpolitischen Sturms wäre das verantwortungslos und dürfte gewaltig nach hinten losgehen. Doch im kommenden Jahr wird in Bremen, Hessen und Bayern gewählt. Sollte sich die Serie der Schlappen fortsetzen, könnte es den Liberalen am Ende wichtiger sein, die eigene Haut zu retten als die Ampel.

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