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Kommentar: Die AfD wird sich eben nicht von allein erledigen

Kommentar

Die AfD wird sich eben nicht von allein erledigen

Michael Stifter
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    Björn Höcke ist nicht AfD-Chef und doch zieht er im Hintergrund die Fäden.
    Björn Höcke ist nicht AfD-Chef und doch zieht er im Hintergrund die Fäden. Foto: Sebastian Kahnert, dpa

    Es gibt ja die These, dass die AfD eines Tages in der Versenkung verschwinden wird, wenn sie sich immer mehr radikalisiert. Je weiter die Partei nach rechts rückt, desto eher wird sie unwählbar für Menschen, die mit extremistischem und völkisch-nationalem Gedankengut nichts zu tun haben wollen. So weit die Theorie. In der Praxis hat der stramme Rechtskurs, der sich auch in Bayern niederschlägt, weniger Wählerinnen und Wähler verschreckt als erwartet.

    Viele Deutsche scheinen sich an den oft aggressiven, spalterischen, demokratieverachtenden Stil der AfD gewöhnt zu haben. Das ist gefährlich – erst recht, wenn die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine in den kommenden Monaten mit voller Härte auf unser Leben durchschlagen.

    Ohne Björn Höcke geht nichts mehr in der AfD

    Wie radikal sich die AfD verändert hat, lässt sich am besten an ihrem Umgang mit Björn Höcke ablesen. Einst wollte die Partei ihn hinauswerfen, heute geht nichts mehr ohne den Faschisten aus Thüringen. Noch steht er nicht selbst an der Parteispitze, doch hinter den Kulissen zieht Höcke mehr denn je die Fäden. Der ehemalige AfD-Chef Jörg Meuthen hat erlebt, was passiert, wenn man sich mit dem rechtsextremistischen Flügel einlässt, wenn man sich daran gewöhnt, dass Fremdenfeindlichkeit, Sexismus, Hass und Demokratieverachtung ganz selbstverständlich ihren Platz in dieser Partei haben.

    In einer Mischung aus Naivität und persönlicher Eitelkeit glaubte Meuthen, die Neonazis im eigenen Laden bändigen zu können, indem er ihnen ein Stück von der Macht überlässt. Doch Höcke und seine Leute wollen alles – und räumen früher oder später jeden aus dem Weg, der ihnen dabei in die Quere kommt. Mit schönen Grüßen an die heutigen Parteivorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla.

    Auch in Bayern und Schwaben rückt die AfD weiter nach rechts

    Auch in Bayern demonstrieren die radikalen Kräfte gerade eindrucksvoll, wer den Ton in der AfD angibt. Die heftig umstrittene Ex-Chefin der Landtagsfraktion, Katrin Ebner-Steiner, selbst glühende Höcke-Anhängerin, führt jetzt den niederbayerischen Bezirksverband. In Schwaben fand ein regelrechter Umsturz statt. Der vergleichsweise gemäßigte Bezirkschef Gerd Mannes wurde überraschend abgesetzt. Mitleid braucht man mit den Abgewählten, Weggemobbten und Davongejagten nicht empfinden. Sie mussten wissen, worauf sie sich einließen. Dass die Entwicklung der AfD in der Öffentlichkeit inzwischen derart achselzuckend zur Kenntnis genommen wird, ist allerdings durchaus beunruhigend.

    In Umfragen liegt die AfD auf Augenhöhe mit SPD und Freien Wählern

    Würde in Bayern heute gewählt, lägen die heillos zerstrittenen Populisten auf Augenhöhe mit SPD oder Freien Wählern und vor der FDP. Eine rechtsradikale Partei ist für viele Menschen offenbar kein Tabu mehr. Die AfD dürfte sich also in ihrem Kurs bestärkt fühlen, auch wenn sie bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zuletzt Rückschläge einstecken musste. Und sie wird alles dafür tun, die brenzlige Stimmung im Land weiter anzuheizen. Krieg, Corona, Inflation, Energiekrise, drohende Rezession – all das sind Themen, mit denen sich zündeln lässt.

    Die anderen Parteien dürfen nicht in Versuchung geraten, sich davon anstecken zu lassen, um ein paar billige Punkte zu machen. Stattdessen müssen sie dagegenhalten, dürfen all die Probleme, die gerade gleichzeitig auf unser Land zurollen, nicht kleinreden. Und vor allem sollten sie sich endlich von der Hoffnung verabschieden, dass sich die AfD über kurz oder lang schon selbst zerlegen wird.

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