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Kommentar: Die AfD bleibt eben doch eine Wut-Partei

Kommentar

Die AfD bleibt eben doch eine Wut-Partei

Michael Stifter
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    Alexander Gauland und Beatrix von Storch, stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bundestag, beim Bundesparteitag in Augsburg.
    Alexander Gauland und Beatrix von Storch, stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bundestag, beim Bundesparteitag in Augsburg. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Man kann die Geschichte vom AfD-Parteitag in Augsburg so erzählen: Die Rechtspopulisten haben sich für ihre Parolen die falsche Stadt ausgesucht. Während sich drinnen die Delegierten an den üblichen Untergangs-Szenarien und Merkel-muss-weg-Reden ergötzen, gehen draußen mehr als zehnmal so viele Menschen auf die Straße. Sie demonstrieren für ein offenes, für ein tolerantes Land – und sie tun das ohne Krawall und ohne Hass.

    Augsburg zeigt, dass die große Mehrheit der Deutschen mit der AfD-Stimmungsmache nichts zu tun haben will. Die Proteste sind bunt und sie sind friedlich. Das ist den Veranstaltern zu verdanken. Aber eben auch der Polizei, die das richtige Maß findet. Es ist ein positives Signal. Ein ermutigender Gegenentwurf zu jenem düsteren Bild, das die AfD – aber auch manche Medien – derzeit von unserem Land zeichnen.

    Selbst in Bayern wird die AfD ein Spitzenergebnis einfahren

    Doch es gibt eben auch noch eine zweite Geschichte. Die Geschichte einer Partei, die vor Selbstbewusstsein strotzt. Die schon über eine Koalition mit der CSU philosophiert (Alice Weidel) und sich für die einzig relevante Volkspartei hält (Björn Höcke). Die sich immer weiter radikalisiert und für den politischen Gegner nur noch Häme übrig hat. Der AfD ist es gelungen, sich zum Anwalt jener Menschen zu stilisieren, die das Gefühl haben, dass sich keiner mehr um sie kümmert. Diese Leute gehen nicht auf Demos – sie protestieren auf dem Wahlzettel. Sie wählen eine Partei, von der sie endlich einfache Antworten auf eine schwierige Welt bekommen und die ihnen verspricht, dass sie nicht zu den Verlierern von Globalisierung und Digitalisierung gehören werden.

    Jetzt können die etablierten Kräfte natürlich lamentieren, in Wahrheit sei Politik nun mal viel komplizierter. Das stimmt, hilft aber halt nichts. Fakt ist: Selbst im florierenden Musterland Bayern wird die AfD ein Spitzenergebnis einfahren. Auch hier folgen viele Menschen den Vereinfachern. Die Antwort darauf kann aber nicht sein, deren populistische Positionen nachzuplappern. Die anderen Parteien dürfen den Wählern auf ihre Sorgen nicht die gleichen, schwachen Antworten geben. Sie müssen ihnen bessere liefern. Und die Chancen dafür stehen nicht schlecht – zumindest dann, wenn CSU und Co. endlich begreifen, dass den Menschen auch noch andere Themen wichtig sind als nur die Flüchtlingspolitik.

    Überwältigende Mehrheit hat keine Lust auf Rechtspopulisten

    Die AfD zeigt in Augsburg unfreiwillig, dass sie kaum mehr zu bieten hat als ihre Wut. Sobald es mal ein paar Minuten nicht um Merkel, Ausländer oder Europa geht, machen sich Desinteresse und Langeweile im Publikum breit. Jörg Meuthen bekommt das besonders zu spüren. Der Vorsitzende scheint beweisen zu wollen, dass die AfD keine Ein-Thema-Partei ist. Doch als er sein Rentenkonzept erklärt, reißt das niemanden vom Stuhl. Um nicht zum Stimmungskiller zu werden, nimmt er sich am Ende also doch noch ein Beispiel an seinem Co-Chef Alexander Gauland. Der peitscht die Menge mit einer polemischen Rede gegen die Kanzlerin und ein Land auf, das ihn an die letzten Tage der DDR erinnert. Bezeichnend ist auch: Als kurz nach Meuthen der Anführer des rechten Flügels seine eigenen Ideen zur Rente vorstellt, sind viele Mitglieder plötzlich Feuer und Flamme. Weil Björn Höckes Antwort eben wieder so wunderbar einfach ist: Mehr Geld für Rentner – aber nur für deutsche!

    Die beiden Geschichten des Augsburger Parteitages sollten den Konkurrenten der AfD Mut machen. Die überwältigende Mehrheit der Deutschen hat keine Lust auf die Rechtspopulisten – solange sie eine überzeugende Alternative findet.

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