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Kommentar: Deutschlands Klimaschutz ist teuer und ineffektiv

Kommentar

Deutschlands Klimaschutz ist teuer und ineffektiv

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    Deutschland ist der selbst ernannte Klimaschutz-Musterschüler, der Kohlekraftwerke braucht. Hier das Braunkohlekraftwerk Lippendorf. bei Leipzig.
    Deutschland ist der selbst ernannte Klimaschutz-Musterschüler, der Kohlekraftwerke braucht. Hier das Braunkohlekraftwerk Lippendorf. bei Leipzig. Foto: Jan Woitas, dpa

    Auf der Weltklimakonferenz in Dubai hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Menschheit zur Rasanz gedrängt. "Wir müssen uns dafür sehr beeilen", sagte er und meinte damit den Kampf gegen die Aufheizung des Planeten. Die Staaten der Erde haben sich verpflichtet, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Dann, so die Hoffnung, lassen sich die Folgen des Klimawandels wie Hitze, Dürre, Springfluten und Migrationsströme halbwegs beherrschen. Doch die Anstrengungen der Klimapolitik, da sind sich die Wissenschaftler einig, reichen bei Weitem nicht aus, um das Ziel zu erreichen.

    Scholz hat also recht, wenn er zur Eile mahnt. Auch wenn das adventliche Winterwunder die Dramatik der Klimawandels derzeit unter einer Schneedecke verbirgt, wird das Jahr 2023 aller Voraussicht nach das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Im Selbstbild präsentiert sich Deutschland gerne als Primus des Klimaschutzes. Doch die eigene Bilanz ist durchwachsen, was vor allem an der verkorksten Energiewende hierzulande liegt. 

    Deutschland hat schon einmal bezahlt

    Der größte Dienst Deutschlands bei der Bekämpfung der Erderwärmung war die Förderung von Solarfeldern und Windrädern, die im Jahr 2000 beschlossen wurde. Private Verbraucher und der Großteil der Unternehmen brachten über zwei Jahrzehnte Abermilliarden auf, um die seinerzeit noch unrentablen Grünstromanlagen zu subventionieren und in den Markt zu drücken. Der breite Feldversuch führte dazu, dass Fotovoltaikanlagen und Windräder im Preis deutlich sanken und dadurch wettbewerbsfähig wurden. 

     Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mahnte die Weltgemeinschaft zu großer Eile beim Klimaschutz. In Deutschland muss er die die Klimapolitik von ihren Selbstwidersprüchen befreien.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mahnte die Weltgemeinschaft zu großer Eile beim Klimaschutz. In Deutschland muss er die die Klimapolitik von ihren Selbstwidersprüchen befreien. Foto: Rafiq Maqbool, dpa

    Doch dieser Großtat stehen in der Bilanz hausgemachte Fehler gegenüber. Weil sich der Ausbau der Stromautobahnen von Nord nach Süd um Jahre verzögerte, müssen Windparks im Norden abgestellt und für das Stillstehen von den Stromkunden bezahlt werden. Weil sichere deutsche Atomkraftwerke von einer indirekten Koalition aus Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Grünen aus Angst abgestellt wurden, müssen jetzt Kohlekraftwerke einspringen.

    Bekanntlich blasen sie das meiste Kohlendioxid in die Atmosphäre. Laut dem Plan der Ampelregierung sollen sie 2030 vom Netz gehen, was aber derzeit unwahrscheinlich ist. Denn als Ersatz für die gesicherte Leistung müssen in großem Stil neue Gaskraftwerke gebaut werden, von denen sich aber bislang kaum eines in Planung befindet. Ergo werden die schmutzigsten Kraftwerke wohl auch nach 2030 noch Energie liefern müssen. 

    Viel Geld, wenig Nutzen

    Widersprüchlich und ineffizient ist auch die Förderung der Energiewende im Kleinen. Ein Beispiel: Der Staat bezuschusst gut situierten Fahrern von E-Autos nicht nur den Kauf der Wagen, sondern auch noch die Solaranlage auf dem Carport. Ein weiteres Beispiel: Die Bundesregierung versucht mit allen Mitteln die Bürger dazu zu bewegen, alte Öl- und Gasheizungen auszutauschen. Dafür hatte die Ampelkoalition Milliarden an Zuschüssen eingeplant. Im Gebäudebestand reicht es aber nicht aus, Kessel durch Wärmepumpe zu ersetzen, es müssen Heizkörper getauscht und die Dämmung aufgerüstet werden. Für sehr viel Geld gibt es einen überschaubaren Nutzen für den Klimaschutz.

    Das jüngste Urteil des Verfassungsgerichts zu den Staatsfinanzen könnte sich in diesem Zusammenhang als heilsam für die Neuausrichtung der gesamten Klimapolitik erweisen. Viel wirksamer, als hierzulande Geld mit geringem Nutzen aufzuwenden, wäre es, die Entwicklungsländer stärker zu unterstützen. Wenn beispielsweise in Indien mit deutscher Förderung Gas- statt Kohlekraftwerke errichtet werden oder besser Solarfelder und Windfarmen, ist für das Klima unter dem Strich mehr gewonnen. Deutschland mag dann vielleicht zehn Jahre später klimaneutral werden, aber wenn sich ein Riese wie Indien in die richtige Richtung bewegt, dann ist der Gewinn für die Welt ein unvergleichlich größerer.

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