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Kommentar: Deutschland muss Einwanderer qualifizieren

Kommentar

Deutschland muss Einwanderer qualifizieren

Stefan Stahl
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    Deutschland muss sich öffnen für Migrantinnen und Migranten, schreibt unser Autor Stefan Stahl in seinem Kommentar.
    Deutschland muss sich öffnen für Migrantinnen und Migranten, schreibt unser Autor Stefan Stahl in seinem Kommentar. Foto: Gareth Fuller, dpa (Symbolbild)

    Mit dem neuen Gesetz der Bundesregierung wird Deutschland offiziell das, was es längst ist: ein Einwanderungsland. Nur sind wir kein attraktives Einwanderungsland. Ein Standortvergleich der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zeigt die Realität auf: Deutschland ist international auch in diesem für die Volkswirtschaft überlebensnotwendigen Bereich zurückgefallen.

    Hoch qualifizierte Fachkräfte zieht es vor allem nach Neuseeland, gefolgt von Schweden, der Schweiz, Australien und Norwegen. Erst auf Platz 15 rangiert Deutschland. Nur auf Studierende aus aller Welt übt unser Land eine hohe Anziehungskraft aus. 

    Insgesamt legt die OECD-Untersuchung eine Deutung nahe: Wenn Deutschland nicht endlich offener für Zuwanderung und andere Kulturen wird, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass jedes Jahr netto 400.000 Menschen in unser Land einwandern. Diese sechsstellige Zahl ist nach Einschätzungen der Experten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung geboten. Denn sonst würden bis 2035 durch den demografischen Wandel, also die Überalterung der Gesellschaft, rund sieben Millionen Arbeitskräfte fehlen. Doch derzeit bleiben unterm Strich viel zu wenige Menschen bei uns. Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit, verweist darauf, dass 2022 zwar 1,14 Millionen Menschen zu uns kamen, aber auch 750.000 wieder gegangen sind. 

    Ohne qualifizierte Einwanderer steuert Deutschland auf ein sozialpolitisches Fiasko zu

    Hält die Entwicklung an, steuert Deutschland auf ein sozialpolitisches Fiasko zu, schließlich fehlen Millionen Beitragszahler für die Sozialversicherungs-Systeme. Wenn die Beiträge nicht ins Uferlose steigen sollen, müssen die Sozialkassen künftig kräftig aus Steuermitteln mitfinanziert werden. Das Geld fehlt dann für den Ausbau der Infrastruktur oder die Bundeswehr. Zuwanderung stützt also, anders als AfD-Politiker behaupten, auf längere Sicht die Sozialkassen. Wenn Migranten zu uns kommen, eine Arbeit finden und Steuern wie Sozialabgaben zahlen, werden sie zu Eckpfeilern dieses Landes. Zuwanderung ist keine Gefahr, wie das die AfD suggeriert, sondern eine Chance für Deutschland, das soziale Niveau zu halten. 

    Weil aber pro Jahr bislang nur einige zehntausend wirklich hochqualifizierte Fachkräfte einwandern, gibt es nur eine Chance: Wir müssen die vielen unqualifizierten Menschen, die bei uns stranden, willkommen heißen, aufnehmen, integrieren und vor allem ausbilden. Das geschieht schon. Gerade Betriebe aus dem Handwerk, dem Handel und dem Hotel- wie Gaststättengewerbe leisten hier Großartiges. Die Unternehmerinnen und Unternehmer nehmen Jugendliche, ob sie aus Afghanistan, Syrien, dem Irak oder Afrika kommen, an die Hand. Nicht selten bringen sie ihnen Deutsch bei, pauken mit den Schützlingen für die Schule und bilden sie zu verlässlichen Teilen unserer Gesellschaft aus. Manche werden ihren Meister machen und Firmen übernehmen. Sie werden gefördert und gefordert. So müssen unqualifizierte oder mangelhaft qualifizierte Migranten mit Nachdruck, also auch Druck, weitergebildet werden. 

    Überall fehlen Arbeitskräfte

    In Deutschland fehlen überall Arbeitskräfte, ob in Gesundheitsberufen, im Handwerk oder in der Gastronomie. Lokführer sind besonders rar. Wir können für jeden Menschen, der aus dem Ausland zu uns kommt und hier arbeiten will, dankbar sein. Wenn der AfD-Politiker Norbert Kleinwächter im Bundestag hämisch vorgibt, Deutschland sei kein Einwanderungsland und brauche keine Fachkräfte aus dem Ausland, ist das falsch und zu klein gedacht.

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