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Kommentar: Die Zeiten sind schlecht – aber Deutschland hat genug Geld

Kommentar

Die Zeiten sind schlecht – aber Deutschland hat genug Geld

Stefan Lange
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    Die deutsche Politik gibt aktuell viel Geld aus. Kann das Land sich das leisten? (Symbolbild)
    Die deutsche Politik gibt aktuell viel Geld aus. Kann das Land sich das leisten? (Symbolbild) Foto: Jens Büttner, dpa

    Schon mal dran gedacht, einen Teil der Staatsschulden zu bezahlen? Rein theoretisch kein Problem. Die Deutschen horteten während der Corona-Pandemie 200 Milliarden Euro, damit haben sie mittlerweile rund 1,75 Billionen Geldvermögen auf der hohen Kante liegen. Die öffentlichen Schulden liegen bei etwa 2,3 Billionen Euro – da ließe sich Bundesfinanzminister Christian Lindner ein schönes nachösterliches Geschenk machen.

    Deutschland lebt, sagt der FDP-Politiker Lindner, in einer Ausnahmesituation. Corona, Krieg, Klimawandel. Das alles kostet viel Geld. Die Ampel-Regierung sieht sich zudem in der Pflicht, einen Teil der daraus resultierenden Belastungen finanziell auszugleichen. Das erforderte weitere Milliarden, der Sinn ist umstritten. Der staatliche Tankrabatt etwa verleitet viele Menschen dazu, weiter aufs Gas zu treten, anstatt das Auto mal stehen zu lassen. Die Staus zu den Ferientagen sprechen da Bände.

    Wir werden ärmer, sagt Bundeswirtschaftsminister Habeck

    Besser wäre es, die Lebensmittelpreise ins Visier zu nehmen. Wenn Butter plötzlich 70 Cent teurer ist, Mehl mehr als das Doppelte kostet, kommen Hartz-IV-Empfänger und Geringverdienerinnen an ihre finanzielle Grenze. Beim Heizen hingegen ist die Situation wiederum ähnlich wie beim Auto. Zuschüsse verleiten dazu, die Wohnung wie gewohnt auf Temperatur zu halten. Den Deutschen fehle es beim Energiesparen an Ernsthaftigkeit, beklagte zuletzt der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller.

    Ja, „wir werden ärmer werden“, wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck treffend festgestellt hat. 2020 und 2021 fielen neue Schulden in Höhe von 285 Milliarden Euro an. In diesem Jahr werden weitere Miese hinzukommen. Doch ist der Wohlstand in Deutschland damit in Gefahr?

    Bei den Schulden steht Deutschland im Euroraum aktuell gut da

    Es gibt im Haushaltsetat zwar einige Risiken. So hat Lindner durchaus tief in die Trickkiste gegriffen, damit die Verschuldung nicht überbordet und die Schuldenbremse ab 2023 wie geplant eingehalten werden kann. Die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr werden genau deshalb in einem „Sondervermögen“ verbucht.

    Auch ist die Entwicklung der Inflation schwer vorhersehbar. Die Laufzeit der vom Staat aufgenommenen Kredite, um ein weiteres Beispiel zu nennen, ist im internationalen Vergleich kurz, denn so sind die Zinsen geringer. Falls diese steigen, und darauf deutet einiges hin, wird es jedoch teurer. Ein Blick auf die Staatsschuldenquote wiederum zeigt, dass auch diese Rechnung nur relativ ist. Die Staatsschuldenquote beziffert, wie sich die Schulden eines Staates in Relation zur wirtschaftlichen Leistung (Bruttoinlandsprodukt) entwickeln. Sie gilt als internationale Kennzahl, Länder mit hoher Quote müssen höhere Zinsen zahlen. Die Bundesrepublik steht im internationalen Vergleich gut da, rund 71 Prozent beträgt die Quote derzeit. Zum Vergleich: Im Euroraum liegt sie bei 100 Prozent, in Frankreich sind es zehn Punkte mehr.

    Das Land kann alle seine Rechnungen bezahlen

    Deutschland kann in Zukunft absehbar alle Rechnungen bezahlen. Steuererhöhungen sind nicht erforderlich. Auch eine Reichensteuer braucht es nicht, die oberen zehn Prozent der Steuerpflichtigen bringen bereits mehr als 55 Prozent der gesamten Einkommensteuer auf. Die Prognosen der Wirtschaftsinstitute lassen für 2023 spürbares Wachstum erwarten, auch wegen des Ausbaus der Erneuerbaren Energien übrigens, der ja vielfach noch mit Argwohn betrachtet wird. Die Steuereinnahmen dürften steigen, eine bessere Stimmung im Land könnte dafür sorgen, dass die Menschen etwas von ihren 1,75 Billionen Euro abheben und den Konsum beleben.

    Corona, Krieg, Klimawandel – die Zeiten sind schlecht gerade. Die gute Nachricht: Deutschland hat zumindest genügend Geld, um damit fertig zu werden.

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