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Kommentar: Deutschland braucht eine neue Strategie, um gegen China bestehen zu können

Kommentar

Deutschland braucht eine neue Strategie, um gegen China bestehen zu können

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    Bei seinem ersten Besuch als Kanzler in Asien hatte Olaf Scholz Ende April Japan besucht - und dabei einen Bogen um China gemacht. (Archivbild mit Xi Jinping aus dem Jahr 2017)
    Bei seinem ersten Besuch als Kanzler in Asien hatte Olaf Scholz Ende April Japan besucht - und dabei einen Bogen um China gemacht. (Archivbild mit Xi Jinping aus dem Jahr 2017) Foto: picture alliance / Carsten Rehder/dpa

    Der deutsche Blick auf China ist noch viel zu stark mit dem Volkswagen Santana verknüpft. In Deutschland wollte die biedere Stufenheck-Version des Passat fast niemand kaufen. Doch ab den 1980er Jahren verdrängte der Wagen als deutsch-chinesische Koproduktion die Fahrräder aus dem Straßenbild chinesischer Millionenstädte. So begann eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte, die lange diesem Prinzip zu folgen schien:

    Wirtschaftlich gibt China den Ton an

    Wirtschaftlich geben im bilateralen Verhältnis längst die Chinesen den Ton an, diktieren deutschen Unternehmen die Konditionen oder kaufen sie gleich ganz. Wie im Falle Russlands ist die Bundesrepublik in eine gefährliche Abhängigkeit gerannt. China ist wichtigster Handelspartner weltweit, bräche dieses Geschäft weg, wäre Massenarbeitslosigkeit die Folge. Wenn Olaf Scholz jetzt in diesen aufgewühlten Zeiten nach Peking reist, um die deutsch-chinesischen Beziehungen neu zu justieren, steht also enorm viel auf dem Spiel. Der Sozialdemokrat weiß, dass er nicht in einer Position ist, Bedingungen zu stellen. Die harte Wahrheit kennt auch seine grüne Außenministerin Annalena Baerbock, die sich ja eigentlich vor allem von Werten leiten lassen will.

    Zu Recht prangern Menschenrechtsorganisationen die Unterdrückung der Uiguren und der Menschen in Tibet an, die Verfolgung von Regimekritikern nicht nur in Honkong. Illusionen, deutsche Ermahnungen hätten da eine unmittelbare Wirkung, braucht sich Scholz nicht zu machen. Ansprechen muss er die brisanten Themen aber dennoch klar. Und hoffen, dass sich bei den Machthabern in Peking die Erkenntnis verbreitet, dass eine verheerende Wahrnehmung in Sachen Menschenrechten den Geschäften schadet.

    Seine Position kann Deutschland nur als Teil eines starken Blocks von Demokratien verbessern. Einen Handelskrieg mit der auch militärisch immer stärker werdenden Großmacht vom Zaun zu brechen, wäre für den Westen gerade in der jetzigen Zeit ökonomische Selbstverstümmelung. Denn die Folge wäre eine engere Kooperation zwischen Moskau und Peking. Dass den Chinesen die russische Aggression in der Ukraine zunehmend missfällt, weil sie den weltweiten Wirtschaftskreislauf stört, wird immer deutlicher. Zwar bleibt die Einverleibung des Nachbarn Taiwan erklärtes Ziel Pekings. Doch die Rückschläge der russischen Armee und die scharfe Reaktion des Westens sind dort nicht unbemerkt geblieben.

    China ist knallharter Konkurrent auf allen Ebenen

    Das Reich der Mitte ist heute knallharter Konkurrent, wirtschaftlich wie politisch, weltweit. Doch die deutsche China-Strategie bleibt der Onkelhaftigkeit der VW-Santana-Ära verhaftet. Das zeigt sich besonders klar daran, dass bis heute Entwicklungshilfe an Peking geleistet wird. Was etwa so ist, wie wenn der Opa dem millionenschweren Fußballprofi-Enkel einen Zehner zusteckt. Die deutsche Außenpolitik darf nicht länger wie ein untermotorisierter Oldtimer daherkommen. Sie muss sich an heutigen Spitzenprodukten der Autoindustrie mit ihren modernen Assistenz-, Sicherheits- und Spurhaltesystemen orientieren. Kooperativ und wehrhaft zugleich, skeptisch und international vernetzt – nur so kann Deutschland gegenüber China bestehen. Zuckelt die Regierung mit Olaf Scholz im Santana-Tempo weiter, wird die Bundesrepublik bald ganz von der Straße gedrängt.

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