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Kommentar: Der Staat ist ein Profiteur der Inflation und gibt zu viel Geld falsch aus

Kommentar

Der Staat ist ein Profiteur der Inflation und gibt zu viel Geld falsch aus

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    Der deutsche Staat nimmt enorm viel Geld ein, sorgt aber zu wenig dafür, dass dadurch Wachstumskräfte unterstützt werden.
    Der deutsche Staat nimmt enorm viel Geld ein, sorgt aber zu wenig dafür, dass dadurch Wachstumskräfte unterstützt werden. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Dass der deutsche Staat kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem hat, zeigen die neuen Zahlen der Steuerschätzer. Trotz Wirtschaftskrise und Energieschock dürfte der Fiskus in den nächsten Jahren üppige Mehreinnahmen verbuchen. Bis 2026 erwarten die Experten ein Plus von über 120 Milliarden Euro.

    Die Quelle sprudelt vor allem aus zwei Gründen munter. Die Teuerung treibt die Mehrwertsteuer, denn kostet das Leben mehr, profitiert automatisch der Finanzminister. Das ist der eine Grund, der andere ist der robuste Arbeitsmarkt. Selbst wenn die Wirtschaft in den Abschwung rutscht, steigt die Arbeitslosigkeit kaum noch. Die Basis für Lohn- und Einkommensteuer bleibt stabil und wegen der in Inflationszeiten deutlich zulegenden Gehälter gibt es für die Staatskasse noch einen Zuschlag oben drauf.

    Die Regierung schließt die Augen vor der Wirklichkeit

    Das ist allerdings nur auf den ersten Blick Grund zur Freude. Denn dass die Arbeitslosigkeit wohl nicht wesentlich zunimmt, liegt an den überall fehlenden Arbeitskräften. Die Alterung der deutschen Gesellschaft macht sich bemerkbar und es wird von Jahr zu Jahr noch schlimmer. Eigentlich müssten die Parteien darauf reagieren, aber sie trauen sich nicht. Jeder weiß, dass die Beschäftigten künftig länger werden arbeiten müssen, bevor sie in den Ruhestand gehen. Sonst gehen die Beiträge und der Staatszuschuss steil nach oben oder die Zeiten satter Rentenerhöhungen sind vorbei.

    Finanzminister Christian Lindner kann sich über höhere Einnahmen freuen. Der FDP-Chef will den Staat nicht unbegrenzt wachsen lassen, Kanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck haben damit keine Probleme.
    Finanzminister Christian Lindner kann sich über höhere Einnahmen freuen. Der FDP-Chef will den Staat nicht unbegrenzt wachsen lassen, Kanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck haben damit keine Probleme. Foto: Christophe Gateau, dpa

    Doch die Große Koalition drückte sich vor der Wirklichkeit und das jetzt regierende Ampel-Bündnis ebenso. Es hat sich im Koalitionsvertrag zwar zur großen Rentenreform verpflichtet, aber nichts deutet darauf hin, dass das auch passiert. Bequemer ist es, das System durch eine höhere Überweisung aus dem Haushalt stabil zu halten. Ausgaben für das Soziale machen mittlerweile die Hälfte des Bundeshaushalts aus, diejenigen für Bildung, Forschung und Kultur sechs Prozent. Investitionen stehen für elf Prozent.

    Dieses Verhältnis zugunsten von Bildung und wachstumsfördernden Ausgaben zu drehen ist die Aufgabe der jetzigen und der kommenden Bundesregierung. Es wäre auch die Aufgabe der alten Regierung gewesen. Stattdessen hat Schwarz-Rot mit der Rente ab 63 dafür gesorgt, dass sowohl die Kosten der Alterssicherung als auch der Personalmangel steigen. SPD, Grüne und FDP machen jetzt munter weiter, erhöhen die Hartz-IV-Sätze deutlich und schleifen die Sanktionen. Die Botschaft: Wer in Deutschland nicht arbeiten will, muss das nicht und wird dennoch über Jahrzehnte von der Gesellschaft finanziert. Das ist auch eine Ursache, warum hierzulande vergleichsweise wenig Flüchtlinge arbeiten.

    Christian Lindner befindet sich in einer paradoxen Situation

    Begründet wird der Ausbau des Sozialstaats mit einem Gerechtigkeitsbegriff, der diejenigen, die den Wohlstand erarbeiten, völlig vergisst. Von den Wählern wird bislang zu wenig gewürdigt, dass die FDP mit Christian Lindner einen Finanzminister stellt, der ein Bewusstsein für die Fehlstellung hat und zumindest zu verhindern versucht, dass das Missverhältnis größer wird. Lindner ist es auch, der den Bürgern über den Ausgleich der kalten Progression die von der Inflation ausgelösten Mehreinnahmen teilweise zurückgibt.

    Der FDP-Chef befindet sich dennoch in der paradoxen Situation, dass die enormen Einnahmen nicht reichen, um die durch Wladimir Putins Überfall auf die Ukraine ausgelöste Energie- und Sicherheitskrise zu dämpfen. Lindner hat mehrere Schattenhaushalte geschnürt für die Bundeswehr, den Klimaschutz und die Energiepreisbremsen, die das reguläre Budget übertreffen. Deshalb fällt er bei eingefleischten Liberalen als Schuldenmacher durch. Es hat daher auch sein Gutes, dass die Zeit des sorglosen Lebens zu Nullzinsen für die Finanzminister vorbei ist. Der Schuldendienst verteuert sich deutlich, was wiederum dazu führt, dass kreditfinanzierte Ausgaben nicht einfach durchgewunken werden. Die Finanzmärkte sorgen für finanzielle Disziplin, die die meisten Politiker nicht aufbringen.

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