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Kommentar: Der Bundeskanzler steckt in der Taurus-Falle

Kommentar

Der Bundeskanzler steckt in der Taurus-Falle

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    Ein Ausstellungsstück eines Taurus KEPD 350 Marschflugkörpers im Showroom des Rüstungsunternehmens MBDA.
    Ein Ausstellungsstück eines Taurus KEPD 350 Marschflugkörpers im Showroom des Rüstungsunternehmens MBDA. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Für die Spitzel Wladimir Putins ist der Erfolg noch größer, als es zunächst erschien. Das abgehörte Gespräch der hohen Bundeswehroffiziere über den Marschflugkörper Taurus blamierte Deutschland und überführte den Bundeskanzler, dass er öffentlich Falsches über den umstrittenen Einsatz dieser Waffe in der Ukraine erzählt hat. Beides ist ein enormer Schaden für die Bundesrepublik, doch die Wirkung dieser Spionage reicht noch tiefer. 

    Scholz macht sich seiner Taurus-Taktik dauerhaft angreifbar

    Sie spaltet die regierende Ampel-Koalition und macht Olaf Scholz dauerhaft angreifbar. Taurus ist eine offene Flanke, in die die Opposition jederzeit hineinstoßen kann, um im militärischen Duktus zu bleiben. Schon in dieser Woche will sie Scholz mit einer weiteren Abstimmung im Bundestag vor sich hertreiben. Für die Union ist das Spiel ein leichtes, weil FDP und Grüne die Rakete an die ukrainische Armee liefern wollen.

    Außenministerin Annalena Baerbock konnte bei ihrem Auftritt in der Talkshow von Caren Miosga nicht verhehlen, dass sie die Position des Kanzlers für falsch hält. Die FDP-Sicherheitsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann stellt sich seit langem offen gegen ihn und der prominente Grünen-Abgeordnete Toni Hofreiter fraternisiert in einem gemeinsamen Meinungsbeitrag mit dem CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen. Das grenzt an Meuterei. Scholz ist sich in der Taurus-Frage mit seiner Basta-Entscheidung ("Ich bin der Kanzler und deshalb gilt das") selbst in die Falle gegangen. 

    Olaf Scholz hat in Sachen Taurus nun zwei Möglichkeiten

    Er hat nun nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder knickt er trotz seines Machtworts ein und stimmt wie bei den Leopard-Panzern schlussendlich doch zu, dass der Ukraine die Marschflugkörper zur Verfügung gestellt werden, oder er muss überzeugend begründen, warum die Lieferung Deutschland ernsthaft gefährdet. Die Hoffnung, die drängende Entscheidung auszusitzen, ist trügerisch. Denn je stärker die ukrainischen Streitkräfte in den nächsten Wochen unter Feuer geraten, desto lauter tönt die Taurus-Debatte. 

    Scholz kann gute Gründe dafür haben, die Taurus-Raketen in den heimischen Waffenbunkern zu belassen. Es ist auch definitiv eine schwierige Abwägung. Doch ohne tragfähige Begründung ist es nicht weit her mit der Besonnenheit, die der Kanzler für sich in Anspruch nimmt. Dass bei der Entscheidung über die Militärhilfe immer auch Wahlaussichten eine Rolle spielen – Scholz als Friedenskanzler – gehört zum Geschäft des Politischen. Aber ohne tragfähige Argumente verkäme es zum blanken Opportunismus.

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