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Kommentar: Demokraten gehen auf die Straße: Mehr Anstand wagen!

Kommentar

Demokraten gehen auf die Straße: Mehr Anstand wagen!

Michael Stifter
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    Rund 1600 Menschen haben in Schwerin gegen die AfD und Rechtsextremismus demonstriert. Auch in vielen anderen Städten sind Demos gegen rechts geplant, am Sonntag zum Beispiel in München.
    Rund 1600 Menschen haben in Schwerin gegen die AfD und Rechtsextremismus demonstriert. Auch in vielen anderen Städten sind Demos gegen rechts geplant, am Sonntag zum Beispiel in München. Foto: Ulrich Perrey, dpa

    Unsere Demokratie ist nicht selbstverständlich. Das realisieren allmählich immer mehr Menschen. Sie gehen auf die Straße, um ein Zeichen zu setzen, gegen rechte Gewalt und die AfD, für einen anständigen Umgang miteinander. Deutschland ist ein erschöpftes Land. Müde von all den Krisen, aber auch vom dauernden Alarmismus, von Hetze, von strategischer Schwarzmalerei und davon, dass selbst demokratische Parteien verstörend respektlos miteinander umgehen. Zeit, dass sich was dreht!

    Dass die AfD die liberale Gesellschaft verachtet, kann jeder sehen

    Dass die AfD die liberale Gesellschaft, die Fähigkeit zum Kompromiss und die Achtung vor anderen politischen Positionen zutiefst verabscheut, kann jeder sehen. Und niemand darf sich Illusionen machen: Sollte diese Partei die Macht dazu bekommen, wird sie an den demokratischen Grundfesten rütteln. Dass wir uns ernsthaft mit diesem Gedanken befassen müssen, geht auch auf das Konto der anderen Parteien. 

    Es steht außer Frage, dass die Ampel oft unprofessionell agiert und miserabel kommuniziert. Es steht auch außer Frage, dass es Aufgabe der Opposition ist, das anzuprangern. Doch ein vorsätzliches Verächtlichmachen der Regierung hilft am Ende nur jenen, die von der Verachtung leben. 

    Hubert Aiwanger macht systematisch politische Gegner verächtlich

    In Bayern ist mit Hubert Aiwanger ein Mann stellvertretender Ministerpräsident, der einem Bundesminister unterstellt, er würde nur Kaviar essen, der behauptet, viele Grüne seien ein Fall für den Psychiater, der polemisiert, in Berlin könne man eine Kuh nicht von einer Sau unterscheiden. Zumindest im Ton lassen sich CDU und CSU nicht auf dieses Niveau herab. Doch auch Friedrich Merz und Markus Söder scheinen nur noch das Ziel zu verfolgen, die Regierung zu Abbruchunternehmern der Republik zu stilisieren. 

    Sie spüren nicht, wie ausgezehrt die Mehrheit der Menschen von dieser Polarisierung ist und wie sehr sie sich danach sehnt, dass sich die demokratischen Kräfte endlich zusammenraufen. Hätte der Bundeskanzler dieses Wort nicht schon verbrannt, wäre es jetzt Zeit für einen Deutschlandpakt. Aber auch Olaf Scholz scheint das nicht zu begreifen. 

    Ein Sinnbild dafür ist der Streit um das von SPD, Grünen und FDP durchgedrückte neue Wahlrecht, das dazu führen könnte, dass die CSU in Bayern alle Wahlkreise gewinnt und trotzdem aus dem Bundestag fliegt. Es wäre eine Bankrotterklärung für die Demokratie. Doch die Ampelparteien halten es nicht einmal für nötig, auf einen Brief zu reagieren, in dem die Union darum bittet, sich noch einmal unter Demokraten zusammenzusetzen. Wie können sie da im Gegenzug allen Ernstes erwarten, dass CDU und CSU dabei helfen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen? 

    FDP-Chef Christian Lindner zeigt auf Bauerndemo, wie es nicht geht

    Es wäre ein letzter Gefallen, den diese Regierung dem Land tun könnte, wenn sie einen breiten gesellschaftlichen und demokratischen Konsens sucht, anstatt die Spaltung noch zu befördern, wie es der FDP-Chef bei der Bauerndemo getan hat. Da stellt sich Christian Lindner endlich den Landwirten und hat dann keine bessere Idee, als gegen Klimakleber zu hetzen und sich zu rühmen, dass er Asylbewerbern und Bürgergeldempfängern die Zahlungen kürzt. Dieser unwürdige und im Übrigen völlig erfolglose Anbiederungsversuch steht symptomatisch für das, was die Menschen so satthaben, was sie erschöpft und was viele der AfD in die Arme treibt. 

    Nach Bauern und Spediteuren gehen nun Zehntausende Bürgerinnen und Bürger auf die Straße, in Köln, in Leipzig, in Hamburg, am Sonntag auch in München und an vielen anderen Orten der Republik. Sie machen vor, worauf es jetzt ankommt: Sie halten zusammen, sie stehen für die Demokratie ein. Das ist gut, das ist wichtig. Die Politik sollte sich ein Beispiel daran nehmen und mehr Anstand wagen. 

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