Baerbock in Äthiopien, Habeck in Namibia, Schulze mit neuer Afrika-Strategie – es scheint, als habe Deutschland in den vergangenen Monaten sein Herz für Afrika entdeckt. Doch mit der Liebe ist das so eine Sache. Es sind die äußeren Umstände, die die Regierung dazu zwingen, sich Verbündete zu suchen, die den eigenen Interessen dienen können. Dabei geht es keineswegs ausschließlich um Rohstoffe, es geht auch darum, den eigenen Vorgarten der Macht abzustecken.
Nicht erst mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges wurde klar, dass die Weltordnung sich verändert, dass Staaten wie Russland, China, Indien nach mehr Einfluss streben und der Westen hier seine Rolle finden muss. Auch deshalb versucht Peking seit vielen Jahren, und Moskau seit jüngster Zeit, afrikanische Länder auf seine Seite zu ziehen.
Zuletzt schickte Wladimir Putin seinen Außenminister. Sergej Lawrow schüttelte in Südafrika freundlich die Hände und erläuterte seine Sicht auf die Welt, die sein jeweiliges Gegenüber doch der Einfachheit halber am besten übernehmen sollte. Seine Bemühungen fielen durchaus auf fruchtbaren Boden.
Russland und China vergrößern in afrikanischen Staaten skrupellos ihren Einfluss
Für Deutschland ist das Anbandeln mit afrikanischen Ländern eine heikle Sache. Denn nur mit Freundschaftsbekundungen ist es kaum getan. Die dortigen Herrscher erwarten Gegenleistungen. Im besten Fall sind das wirtschaftliche Beziehungen auf Augenhöhe, im weniger guten Fall sind das Geschäfte, bei denen Berlin beide Augen zudrücken müsste. Nur: Mit politischer Blindheit ist keinem gedient.
Bislang versucht Deutschland zumindest seine Entwicklungshilfeprojekte an das zu knüpfen, was man „gute Regierungsführung“ nennt. Erst kürzlich sprach Entwicklungsministerin Svenja Schulze davon, dass die Zusammenarbeit sozialer, ökologischer und feministischer werden soll. Das ist schon heute eine Herausforderung, die Liste der Despoten reicht vom Sudan bis in den Kongo, Armut und Elend begünstigen Korruption. Dass trotzdem seit Jahren vom „Kontinent der Chancen“ gesprochen wird, ist ehrenwert, spiegelt aber die Realität leider nicht bis ins letzte Detail wider.
Moskau und Peking ist es egal, ob in anderen Staaten Minderheiten unterdrückt werden oder öffentliche Gelder versickern. Sie verlangen keine „gute Regierungsführung“. Ihre Währung ist allein Loyalität. China ist inzwischen einer der größten Handelspartner des Kontinents, dafür beuten sie wichtige Rohstoffe aus. Russland mischt – unter anderem vertreten durch die Söldnergruppe „Wagner“ – militärisch in Konflikten wie in Mali mit, liefert Waffen und sorgt so für politische Instabilität. Dass Deutschland in diesem Rennen mitmacht, ist ausgeschlossen, es muss also nach anderen Wegen suchen.
Deutschland muss in der Zusammenarbeit mit Afrika pragmatischer agieren
Doch die sind gar nicht so einfach zu finden. Die Politik versucht die deutsche Wirtschaft auf Afrika aufmerksam zu machen, schwärmt von der jungen Bevölkerung und entsprechend großen Absatzmärkten. Erfolg hatte diese Strategie trotz großer Worte von allen Seiten bislang nur in überschaubarem Ausmaß. Unternehmer investieren dort, wo sie einigermaßen verlässlich planen können, wo es ein Mindestmaß an Rechtssicherheit gibt. Deutschland braucht endlich ein realistisches Bild von Afrika, das weder von übertriebenen Hoffnungen noch von Klischees noch von Weltuntergangsszenarien geprägt ist.
Vielleicht ist die Notwendigkeit, grüne Energie heranzuschaffen, deshalb tatsächlich eine Chance. Die könnten afrikanischen Ländern neues Selbstbewusstsein und auch neue wirtschaftliche Möglichkeiten geben, während deutsche Politiker endlich einmal nicht mehr nur als edle Retter eingeflogen kommen. Mehr Pragmatismus wagen, ohne dabei die eigenen Werte komplett zu verraten. Es gibt einfachere Vorhaben, doch Afrika abzuschreiben ist keine Alternative.