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Kommentar: Eine zu große Operation für einen einzelnen Minister

Kommentar

Eine zu große Operation für einen einzelnen Minister

Stefan Lange
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    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Im „Deutschlandpakt“, den Kanzler Olaf Scholz kürzlich im Bundestag vorstellte, kommen viele wichtige Themen vor. Die Planungsbeschleunigung beispielsweise, oder auch der Fachkräftemangel. Das Gesundheitswesen hingegen wird mit keinem Wort erwähnt. 

    Dabei sind die Probleme allgegenwärtig und täglich spürbar. Lange Wartezeiten in der Praxis, die nervige Suche nach einem MRT-Termin oder einem freien Platz beim Zahnarzt – jeder und jede kann mittlerweile eine Geschichte erzählen, die auf eklatanten Mängeln im Gesundheitssystem fußt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach stemmt sich mit seinen Leuten gegen die zunehmende Lageverschlechterung – und er steht dabei offenbar auf ziemlich verlorenen Posten. 

    Wenn hierzulande von Krisen geredet wird, dann fallen zuerst Stichworte wie Industriestrompreis, Wohnungsmangel oder Steuererleichterungen. Die Probleme bei der Medikamentenversorgung, den Krankenhausbetten und der Arztpraxen auf dem Land werden zwar diskutiert, gehören aber nicht zum Krisen-Canon der Ampel. Der „Deutschlandpakt“ zeigt es, und er ist nur ein Beispiel dafür, dass dem darbenden Gesundheitswesen zu selten die nötige Aufmerksamkeit zuteilwird. Was auch daran liegt, dass es zwar brodelt, aber noch nicht knallt: Der enorme Fleiß und hohe persönliche Einsatz der Beschäftigten hält den Laden zusammen. Ihre Kraft allerdings ist erschöpft, ihre Zahl sinkt.

    Lauterbach nimmt sich der Probleme an

    Lauterbach nimmt sich der Probleme an. Er tut das auf seine Art, die wegen ihrer Sprunghaftigkeit manchmal ziemlich nerven kann. Aber immerhin verharrt der SPD-Politiker nicht im Ungefähren, sondern geht mit konkreten Vorschlägen in die Öffentlichkeit. Die Krankenhausreform ist einer davon, sie ist ein Mammutprojekt, der Minister selbst spricht von einer „Revolution im System“.

    Bestandteil der Krankenhausreform ist wiederum das Krankenhaustransparenzgesetz. Patientinnen und Patienten sollen erkennen können, welches Krankenhaus in ihrer Nähe welche Leistungen anbietet, und wie diese Klinik im Hinblick auf Qualität sowie ärztliche und pflegerische Personalausstattung abschneidet. Dazu werden die Krankenhäuser verpflichtet, dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) bestimmte Daten zu übermitteln, darunter solche zum Pflegepersonal und zum ärztlichen Personal. 

    Wirklich Sinn macht es allerdings nicht, das Transparenzgesetz vor der Reform zu beschließen. Das Verzeichnis stärke „die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden der Krankenhäuser“, meint der Minister. Wenn aber nicht bald Fragen wie Vergütung und Planung an den Häusern geklärt sind, gibt wird es kaum noch Mitarbeitende geben, deren innere Motivation gestärkt werden könnte. 

    Scholz macht Druck auf Lauterbach

    Dass Lauterbach den zweiten Schritt vor dem ersten geht, ist Ausdruck des Drucks, unter dem er im Kabinett von Kanzler Scholz steht. Der Minister beackert viele Themen, unter seinen Lösungsvorschlägen ist jedoch noch wenig Ausgereiftes. Was wiederum damit zu tun haben dürfte, dass er ziemlich isoliert arbeiten muss. Unterstützung von anderen Ministerien gibt es kaum, der Regierungschef arbeitet sich lieber an der Wirtschafts- denn an der Gesundheitskrise ab. Das wirkt allein schon deshalb kurzsichtig, weil die Branche ein wichtiger Faktor ist: Die Gesundheitsausgaben bewegen sich auf eine halbe Billion Euro und damit auf finanzielle Verhältnisse zu, wie sie etwa in der weltweiten Chipproduktion zu finden sind. 

    Zu einem „nationalen Kraftakt“ hat Scholz Bund, Länder, Gemeinden und Opposition aufgerufen. Es wäre an der Zeit, dass er eine solche Kraftanstrengung auch im Gesundheitssystem auf den Weg bringt und die Krankenhausreform nicht nur einem einzelnen Minister überlässt.

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