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Kommentar: Das süße Gift der Subventionen: Der Staat fördert oft die falschen Dinge

Kommentar

Das süße Gift der Subventionen: Der Staat fördert oft die falschen Dinge

Rudi Wais
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    So sollte die geplante Intel-Fabrik in Magdeburg aussehen. Zum Glück für die deutschen Steuerzahler hat der Konzern das Projekt vorerst gestoppt.
    So sollte die geplante Intel-Fabrik in Magdeburg aussehen. Zum Glück für die deutschen Steuerzahler hat der Konzern das Projekt vorerst gestoppt. Foto: Intel Corporation

    Nach 23 Jahren als Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz und Thüringen wusste Bernhard Vogel, wovon er sprach. „Den Gürtel enger zu schnallen“, spottete der vor Kurzem verstorbene CDU-Politiker einst, „verlangen vor allem die, die ihren Wohlstandsbauch schon mit Hosenträgern abgesichert haben.“

    Unter einer Regierung, die bereits vor ihrer Vereidigung mit den Milliarden nur so um sich wirft, muss zwar kaum jemand den Dorn in seinem Gürtel ein, zwei Löcher weiter nach hinten stecken - mit dem deutschen Hosenträger-Denken aber wird Friedrich Merz dennoch brechen müssen, will er nicht nur als Schuldenkanzler in die Geschichte eingehen. Zu viele Menschen verlassen sich, zum Beispiel beim Bürgergeld, zu sehr auf die helfende Hand des Staates. Und zu viele Unternehmen auf das süße Gift der Subventionen. Wohin das führt, zeigt eine Zahl aus einer Studie des Ludwig-Erhard-Forums: Seit 2019 haben sich alleine die Finanzhilfen für das Wohnungswesen mehr als verzehnfacht - auf zuletzt 22 Milliarden Euro im Jahr. Gleichzeitig aber nimmt die Wohnungsnot weiter zu, weil das Steuergeld vor allem in die energetische Sanierung bestehender Gebäude geflossen ist und viel zu wenig gebaut wird.

    Zu dem Kassensturz, den Merz angekündigt hat, gehört daher auch eine kritische Überprüfung der deutschen Subventionitis, die alleine beim Bund mit 127 Milliarden Euro im Jahr schon drei Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung ausmacht. Wo muss der Staat helfen - und wovon lässt er lieber die Finger? Beispiele für falsch verstandene Hilfsbereitschaft gibt es genug, sie reichen von Edmund Stoibers Rettungsaktionen für das Stahlwerk Maxhütte in der Oberpfalz über Gerhard Schröders Nothilfe für den Baukonzern Holzmann bis zu Horst Seehofers Bürgschaften für das Versandhaus Quelle. Am Ende überlebte keines der taumelnden Unternehmen.

    In Bildung und Forschung ist das Geld besser angelegt

    Auch die Versuche, mit Subventionen neue Industrien anzulocken, sind nicht über jeden Zweifel erhaben: Die Insolvenz des Batterieherstellers Northvolt, der ein Werk in Schleswig-Holstein bauen wollte, könnte den deutschen Steuerzahler 600 Millionen Euro kosten. Und dem US-Konzern Intel müssen die alte und neue Bundesregierung heute noch dankbar sein, dass er den Bau einer Chipfabrik in Magdeburg zumindest verschoben, wenn nicht gar gestoppt hat. Satte zehn Milliarden Euro, ein Drittel der gesamten Investitionskosten, sollte er dafür an staatlichen Zuschüssen erhalten - als liege das Geld im Bundeshaushalt einfach nur so herum. In Bildung, Forschung oder in der Infrastruktur ist es besser angelegt.

    Wie schnell Projekte aus dem Ruder laufen, zeigen der Berliner Flughafen und die Stammstrecke für die Münchner S-Bahn - hier zahlt der Steuerzahler dreifach, erst für das Projekt selbst, dann für die gewaltigen Mehrkosten und am Ende noch einmal für die Zinsen. Genau das darf sich nicht wiederholen, wenn Bund und Länder jetzt 500 Milliarden Euro in Straßen und Schienen, Brücken, Schulen und den Klimaschutz stecken.

    Natürlich war es nötig, in den Corona-Jahren und nach Ausbruch des Ukraine-Krieges Bürgern und Unternehmen unter die Arme zu greifen. Nun aber ist es an der Zeit für einen Abbau überteuerter und wettbewerbsverzerrender Staatshilfen von den vielen kleinen, sich aber zu Milliarden addierenden Forschungszuschüssen für hochprofitable Großkonzerne bis zur Neuauflage der E-Auto-Prämie - Zeit für eine ordnungspolitische Diät. Damit die Hose auch ohne Hosenträger sitzt.

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    2 Kommentare
    Maria Reichenauer

    „verlangen vor allem die, die ihren Wohlstandsbauch schon mit Hosenträgern abgesichert haben.“ Genauso ist es, Herr Wais. Ich verstehe nur nicht, warum Sie die Aussage Bernhard Vogels isofort wieder relativieren beim Bürgergeld. Genau die, die abgesichert sind, die gesund sind und arbeiten können, treten auf die Bürgergeldempfänger hinunter. Die energetische Sanierung in Misskredit zu bringen ist unklug. Nicht die energetische Sanierung ist das Problem, sondern dass sich viele Mieter diese sanierten Wohnungen nicht mehr leisten können. Daran sind nicht die Subventionen, sondern die Investoren schuld. Um die Klimaziele zu erreichen, wird eine grüne Transformation nötig sein und dazu braucht es Subventionen, das kann die Industrie nicht allein stemmen. Dass Lindner die Gelder hier verweigert hat, hat das Land ärmer gemacht und vieles Wichtige ausgebremst. Und Investitionen in Bildung und Forschung JA, aber davon kann nicht runterbeißen, es braucht Geld auch vom Staat zur Umsetzung.

    Helmut Eimiller

    Frau Reichenauer, die Klimaziele sind so wichtig, dass sie sogar in unserem Grundgesetz verankert sind. Was aber missfällt, ist, wenn unter diesem Deckmäntelchen Steuermilliarden verschleudert werden: Angefangen mit (auch Seehofers) Erdkabel (vier- bis achtmal teurer); weiter mit Stilllegung von intakten (Heiz-)Anlagen und Leitungen, also dem Vernichten von Vermögenswerten; bis hin zu offenkundigen Fehlinvestitionen (z. B. Northvolt oder „200.000 Euro pro Tag für nichts: Irre Steuergelder für ‚totes‘ LNG-Terminal in Deutschland“, und das schlimmstenfalls über die nächsten zehn Jahre hinweg). Und dann kommt noch die Gier von Kommunen mit z. B. jährlich 460.000 Euro/Windkraftanlage Pachtzins für das Grundstück oder von Landwirten, die gegen die (teuren) Strom-Erdkabel in NRW klagten.

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