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So dreist wollte FDP-Chef Lindner den Koalitionsbruch am D-Day inszenieren

Kommentar

Das schäbige Schauspiel des Christian Lindner

Michael Stifter
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    Christian Lindner steht nun in noch schlechterem Licht da.
    Christian Lindner steht nun in noch schlechterem Licht da. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Christian Lindner ist kein guter Schauspieler. Seine demonstrative Empörung darüber, dass der Kanzler, der ihn eben hinausgeworfen hatte, eine Rede für den Fall der Fälle vorbereitet hatte, war von Anfang an nicht besonders überzeugend. Jetzt, da immer klarer wird, wie perfide Lindners FDP selbst das Ampel-Aus inszenieren wollte, wirkt das Schauspiel des Vorsitzenden geradezu schäbig.

    Weil immer mehr Details dazu durchsickern, blieb der Partei nichts anderes übrig als die Flucht nach vorne. Am Donnerstag veröffentlichte sie ein bislang internes Dokument unter dem Titel „D-Day Ablaufszenarien und Maßnahmen“ (externer Link).

    FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai steht nun blamiert da

    Entlarvend schon allein deshalb, weil FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai noch vor wenigen Tagen behauptet hatte, man selbst habe den Begriff „D-Day“ nie verwendet. Damit nicht genug: Bijan Djir-Sarai bezeichnete es sogar eine „Frechheit“, dass die Medien anderes unterstellt hätten. Und FDP-Silberrücken Wolfgang Kubicki nannte die Berichte dazu „Märchen“. Nun also der Offenbarungseid in eigener Sache. Man habe nichts zu verbergen, das sollte wohl die Botschaft sein. Doch das achtseitige Papier zeigt in irritierender Weise, worum es der FDP in Wahrheit ging: allein um sich selbst.

    „Um die Hoheit über die Kommunikation zu halten, muss diese strategisch gesteuert erfolgen und darf nicht durchsickern. Es ist entscheidend, die ersten Sätze und Bilder zu einem Aus der Koalition zu setzen“, heißt es in der internen Strategie. Insofern ist Lindners Frust darüber, dass Olaf Scholz seinen Plan durchkreuzt hatte und als erster vor den Kameras stand, fast schon wieder lustig.

    Dabei hatte sich der FDP-Chef alles so schön ausgemalt. „Neben den Worten sind die Bilder der Verkündung entscheidend, diese müssen eine Position der Stärke, Entschlossenheit und Überzeugung ausdrücken. Die Atmosphäre muss ernsthaft, aber nicht getrieben wirken.“ Das war der Plan. Als er nicht aufging, entrüstete sich Lindner darüber, dass seine Partner in der Ampel, in denen er längst Gegner sah, auch einen Plan hatten.

    Die FDP plante den „Beginn der offenen Feldschlacht“

    Es war der Startschuss für das, was die FDP in ihrem Papier vorher als „Beginn der offenen Feldschlacht“ bezeichnet hatte. Nur seine bereits ausformulierte Rede musste Lindner nun eben wegwerfen. Darin wollte er eigentlich staatstragende Sätze wie diesen sagen: „Wir Freie Demokraten wollen nicht, dass die Ampel das Land in Geiselhaft hält. Deutschland wartet dringend auf Reformen – jetzt! Wir machen den Weg frei zu vorgezogenen Neuwahlen.“

    Nun ist klar, diese FDP und ihr Vorsitzender sind das Gegenteil von staatstragend. Es bleibt der Eindruck von einer unseriösen, selbstbezogenen Truppe, der es in erster Linie darum ging, sich selbst möglichst gut und andere möglichst schlecht aussehen zu lassen - und nicht um das Schicksal dieses Landes.

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    23 Kommentare
    Wolfgang Schwank

    Und bei derartigen Figuren, Lügen und Planspielen, für die die FDP ja keinen Alleinvertretungsanspruch hat, braucht sich doch niemand über Politikverdrossenheit, Vertrauensverlust in die Herrschenden, Abdriften zu den Braundurchwirkten wundern. Diese Superdemokraten brauchen keine Ränder zur Zerlegung des Systems, das schaffen die durch ihr verkommenes Wirken ganz allein.

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    Raimund Kamm

    >>Und bei derartigen Figuren, Lügen und Planspielen, für die die FDP ja keinen Alleinvertretungsanspruch hat, braucht sich doch niemand über Politikverdrossenheit, Vertrauensverlust in die Herrschenden, Abdriften zu den Braundurchwirkten wundern.<< Widerspruch! Mit Ärger über die FDP allgemeine Politikverdrossenheit zu begründen ist unredlich und demokratieschädlich. Sie haben Alternativen. Raimund Kamm

    Wolfgang Leonhard

    Wer ein anderes System will, argumentiert wie Sie, Herr Schwenk. Das ist Heuchelei und auch nicht besser als das Kritisierte.

    Maria Reichenauer

    Das Fehlverhalten eines oder mehrerer FDP-Politiker rechtfertigt niemals die Favorisierung einer rassistischen und nationalistischen Partei mit deutlich braunen Sprenkeln. Wer damit hausieren geht, ist nicht besser als diese Komödianten. Sie mögen dem Ansehen der Politik geschadet haben, aber sie sind nicht systemrelevant. Es gibt viele ehrliche und aufrichtige Politiker und natürlich auch ein paar Fehlzünder. Aber ein ganzes System damit herunterzuziehen ist falsch. Vielleicht sollte man sich einfach mal die Mühe machen, mit den Abgeordneten des eigenen Wahlkreises in Kontakt zu kommen. Das wäre der erste Schritt, aber den muss man eben tun und nicht nur mosern.

    Gerd Reim

    In welchen Jahren konnte die FDP sich überzeugend darstellen? Das Christian Lindner sich als Finanzminister nicht eignet, war zumindest der normal denkenden Bevölkerung, wohl klar.

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    Robert Miehle-Huang

    Von der FDP eines Hans-Dietrich Genschers ist die heutige FDP Lichtjahre entfernt.

    Dirk Thum

    Also haben wir nun Gewissheit, was viele bereits unmittelbar nach dem Ampelaus vermuteten und nach den Enthüllungen der SZ und Zeit bestätigt sahen: Der FDP (und ihrem Vorsitzenden) geht es nur um sich selbst. Alles Gerede über Amtseid und Verantwortung war ein reines Schmierentheater. Mit dieser Erkenntnis erscheint auch einiges, was in der Ampel passiert ist, in einem neuen Licht. Mit einer solch destruktiven Kraft lässt sich nicht regieren. Ich hoffe, die Wähler vergessen dies nicht bis zur Wahl und ziehen die notwendigen Konsequenzen - das die Parteiführung dies tut habe ich aufgegeben. Stolze FDP - zu was bist du geworden?

    Harry Vogt

    Ja, so sind sie - die Herren Leistungsträger aus der FDP. Aber erst drei Jahre lang als U-Boot innerhalb der Regierung eine erfolgreiche und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit SPD und Grünen torpedieren. Und somit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unsere Demokratie nachhaltig schädigen. Da habe ich vor jeder alleinerziehenden Mutter, die versucht, mit zwei Jobs über die Runden zu kommen, hundert Mal mehr Respekt wie vor Lindner, Kubicki und Co. Was bleibt der FDP für die Wahl im Februar zu wünschen? 4,9 Prozent.

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    Klemens Hain

    Ein guter Kommentar, Ich hoffe noch weniger als 4,9% Eine Schande, lieber gar nicht regieren als schlecht regieren? Da konnte ja eine CDU/CSU froh sein diese Partei nicht im Boot gehabt zu haben und Ich hoffe nur diese Herren bekommen von den Wählern die Quittung!!! Wie tief gesungen ist diese Partei???

    Rainer Kraus

    Christian Lindner wäre besser seiner Devise treu geblieben: „Besser nicht regieren als schlecht regieren“. Das späte Ampel-Aus und die vorgezogenen Neuwahlen nach über dreijähriger Kritik an der Ampelregierung sind kontraproduktiv, verursachen unnötig Mehrkosten und Leerlauf und verkürzen die Zeit bis zur regulären Bundestagswahl lediglich um ein paar Monate. Ein Misstrauensvoten und eine vorgezogene Neuwahl wäre vor 2-3 Jahren angebracht gewesen und hätte einige politische Fehler vermieden. Wenn auch viele Politiker sich durch diese vorgezogene Neuwahl Vorteile versprechen, dürfte Herr Lindner nicht als ein Sieger hervorgehen, denn ein altes Sprichwort sagt „Man liebt den Verrat, doch nicht den Verräter“. Vielleicht aber hat sich Herr Lindner seinen FDP-Parteigenossen Hans-Dietrich Genscher und damaliger SPD-Koalitionspartner zum Vorbild genommen, der sich 1982 von der Union hat „überzeugen“ lassen Helmut Schmidt durch ein „Misstrauensvotum“ zu stürzen und danach unter Helmut Kohl Auß

    Klara Rasper

    Ich bin dafuer, dass es bei Wahlen zum Bundestag auch Negativstimmen gibt. Wem ich meine geben wuerde ist klar.

    Thomas Keller

    Spaßparteien werde ich nicht wählen. Darauf gebe ich ihnen und der gesamten deutschen Öffentlichkeit mein Ehrenwort, ich wiederhole, mein Ehrenwort...

    Klaus Axmacher

    Herr Lindners Handeln war mir als Steuerzahler wesentlich sympathischer als die permanente Forderung der SPD Linken nach Aufhebung der Schuldenbremse. Die Regierungskoalition war ja schon länger nur noch ein Durchwursteln von einem faulen Kompromiss zum nächsten. Die FDP hätte schon viel früher die Reißleine ziehen sollen.

    Franz Wildegger

    Hätte er sich doch lieber an seinen Wahlspruch gehalten: Lieber nicht regieren, als schlecht regieren! Ob er sich daran noch erinnern kann?

    Johann Koch

    Mal abgesehen vom Stil (darüber kann durchaus streiten): die FDP hat durch ihren Ausstieg aus der Ampel - auf welche Weise auch immer - Deutschland einen großen Dienst erwiesen. Denn ansonsten würde das Land noch ein weiteres Jahr von dieser dilettantischen und fachlich völlig inkompetenten Regierung wirtschaftlich noch weiter heruntergewirtschaftet werden.

    Andreas Keibel

    Jetzt aber mal langsam. Trauert hier etwa irgendwer der Ampel scheinheilig hinterher? Das Gemurkse wurde doch auf allen Kanälen bejammert und beklagt. Die Mehrheit sehnte sich doch das Ende herbei, und die FDP macht Nägel mit Köpfen -und zwar sachlicher, durchdachter und geplanter, als es bisher alle anderen Parteien zustande gebracht haben- und jetzt ist es auch wieder nicht gut. Meine Güte! Diese Scheinheiligkeit ist kaum noch auszuhalten.

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    Robert Miehle-Huang

    >> Die Mehrheit sehnte sich doch das Ende herbei, und die FDP macht Nägel mit Köpfen -und zwar sachlicher, durchdachter und geplanter, als es bisher alle anderen Parteien zustande gebracht haben<< Ich denke, Ihr Thesaurus hat die falschen Vokabeln herausgesucht. "Verlogen, arglistig und doppelzüngig" sind hier die deutlich treffenderen Attribute.

    Maja Steiner

    Jetzt aber selbst mal langsam. Ist es nach den neuesten Erkenntnissen nicht sehr wahrscheinlich, dass an dem "Gemurkse" eben zu großen Teilen die FDP die Verantwortung trägt? Selbst wenn sie sich als Retterin von was auch immer sah - sie ist der kleinste Partner in dieser Koalition gewesen und wie FDP-Minister Wissmann (es tut mir leid, dass ich ihn falsch eingeschätzt habe) sehr richtig auf die Verantwortung verwiesen hat, die man mit der Übernahme der Regierung hat und darauf, dass es dazu eben Kompromisse braucht, auch wenn sie einen schmerzen so kann halt nicht der Schwanz mit dem Hund wedeln. Der FDP geht es nur um sich selbst und Lindner ebenso. Der Ausstieg aus der Koalition wäre trotzdem jederzeit möglich gewesen. Unter Nennung der Gründe und offen und ehrlich. Dieses verdruckste "stategische" Ausstiegsszenario ist einfach nur ekelhaft und verwerflich. Und dass Lindner weg muss ist ja wohl selbstverständlich.

    Wolfgang Leonhard

    Die erste Köpfe rollen nun schon. Die FDP braucht aber einen Neuanfang ohne Lindner.

    Klaus Huber

    Besser ein Ende mit Schecken als ein Schrecken ohne Ende. Noch ein Jahr länger diese dilettantische Ampelpolitik und unsere Wirtschaft löst sich komplett in Luft auf. Reicht schon , was in den letzten 2 Jahren an Arbeitsplätzen ins Ausland verlagert wurde aufgrund der fehlgeleiteten Preispolitik beim Strom. Diese Arbeitsplätze kommen die nächsten 20 Jahre nicht nach Deutschland zurück.

    Maria Reichenauer

    LIndner war für mich nie ein ernst zu nehmender Politiker. Seine Interessen liegen darin, für sich und eine kleine Klientel Vorteile herauszuholen. Das restliche Volk ist ihm ziemlich egal. Er ist ein Selbstdarsteller, und das nicht einmal gut. Dies ist nicht erst meine Meinung seit dem Ampelende. Wer so eine Schmierenkomödie dann noch als D-Day bezeichnet, dem mangelt es zusätzlich an politischer und geschichtlicher Bildung. Wer so lange im Politgeschäft ist und die Bedeutung des "D-Day" mit einer Schmierenkomödie in den Dreck zieht, der sollte sich möglichst für immer aus der Politik ins Kloster zurückziehen – möglichst in eins mit Schweigegelübde.

    Wolfgang Leonhard

    Was sagt eigentlich Rudi Wais zum moralischen und politischen Niedergang der FDP? Sonst fehlt es ihm doch auch nicht an Worten, wenn es gegen Sozis und Grüne geht. :))

    Walter Koenig

    Manche halten ja Scholz für naiv, aber er hat das üble Spiel von Lindner längst durchschaut und es ihm durch den Rauswurf gründlich verhagelt. Denn nicht Scholz hat in der Regierung immer die Opposition gegeben, das war schon die FDP. Man hätte einiges erreichen können ohne die Fast-Drei-Prozentpartei.

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