Um sich möglichst viele Optionen in einem späteren Koalitionspoker offenzuhalten, verweigern SPD und Grüne eine klare Absage an ein mögliches Regierungsbündnis mit der Linkspartei. Aus taktischen Gründen mag das nachvollziehbar sein, verwerflich ist es trotzdem. Es wirkt doppelzüngig, wie Olaf Scholz und Annalena Baerbock, die Galionsfiguren von SPD und Grünen, bei jeder Gelegenheit zu Recht betonen, dass die Linkspartei mit ihren zentralen außenpolitischen Positionen nichts, aber auch gar nichts in einer Bundesregierung verloren hat. Denn gleichzeitig machen linke Spitzenkräfte ja klar, dass sie gar nicht daran denken, sich von zentralen Forderungen zu lösen. Etwa der nach einem deutschen Ausstieg aus dem westlichen Verteidigungsbündnis Nato.
Gewiss, es gibt Linken-Kräfte, die in Gemeinden, Städten und Landesregierungen pragmatische, sachorientierte Politik machen. Unter dem linken Landesvater Bodo Ramelow ist Thüringen auch nicht zur neuen DDR geworden. Doch in Erfurt wird eben nicht über die deutsche Landesverteidigung entschieden.
Sammelbecken für DDR-Nostalgiker
Eine Partei, in der es noch immer von Leuten wimmelt, die ein problematisches Verhältnis zur Demokratie haben, gehört nicht an deren Spitze. Die Linke bleibt Sammelbecken für jene, die die DDR verklären, die Marktwirtschaft auch in ihrer sozialen Form ablehnen und vom Marxismus träumen, Enteignungen als probates Mittel der Umverteilung sehen. Nirgends ist das Verständnis für politisches Unrecht in Russland, Kuba oder Venezuela so groß wie in der Linken. Der Verfassungsschutz, den die Linke abschaffen möchte, beobachtet etliche Gruppen, die innerhalb oder am Rand der Partei stehen, in der auch generelles Misstrauen gegen die Polizei weit verbreitet ist. Wegen all dieser besorgniserregenden Tendenzen schrumpft die Linke auch immer weiter, so dass sie um den Sprung über die Fünfprozenthürde bangen muss. Ihre gemäßigteren Wähler fliehen zur nach links gerückten SPD, die sich von den Hartz-IV-Reformen distanziert hat und wieder stärker eine Politik des sozialen Ausgleichs betont. Aber ohne die Wirtschaftsfeindlichkeit der Linken, die sich kategorisch der Erkenntnis verweigert, dass jeder Euro, der umverteilt wird, erst einmal verdient werden muss.
Weder als Partner noch als Feindbild geeignet
So ist die Linkspartei für zwei Dinge nicht geeignet: Erstens für eine Regierungsbeteiligung im Bund, das sollten Scholz und Baerbock auch ganz klar sagen. Um regierungsfähig zu werden, hat die Linke noch sehr viel mit sich selbst klären, das mussten ja einst auch die Grünen. Mal abgesehen davon, dass die Kompromisse die dafür notwendig wären, in der Linken, die es sich in der Fundamentalopposition bequem gemacht hat, für Dauerkrach sorgen würden. So wäre jedes Bündnis mit ihrer Beteiligung ein äußerst instabiles.
Das geschrumpfte rote Gespenstchen taugt – zweitens – aber auch nicht als Hauptfigur einer Rote-Socken-Kampagne der Union nach dem Motto Laschet oder Sozialismus. Dafür ist es schlichtweg zu klein.