Der Angeklagte denkt nicht daran, sich zu mäßigen. Kaum hat Richter Juan Merchan die Prozessbeteiligten aufgefordert, sich mit aufwiegelnden Äußerungen zurückzuhalten, pöbelt Donald Trump wild los – gegen Staatsanwälte und Richter, die er als "Verrückte“, "Rassisten“ und "Verbrecher“ diffamiert. Jeder juristisch beratene Straftäter würde sich solche Ausfälle unbedingt verkneifen. Aber der Ex-Präsident hat keinerlei Respekt vor demokratischen Institutionen. Im Gegenteil: Nach den Medien ist die Justiz nun sein neuer Lieblingsfeind.
Fast alles, was Trump in den Wutreden nach seiner Anklage vorbringt, ist absurd: Nicht finstere politische Kräfte haben ihn vor den Kadi gebracht, sondern sein eigenes gesetzesloses Verhalten. In dem Prozess geht es keineswegs um die „kleinen Leute“, als deren Beschützer er sich ausgibt. Die dürften eher selten 130.000 Dollar Schweigegeld bezahlen. Auch die Empörung über die Strafverfolgung eines möglichen Präsidentschaftskandidaten klingt aus dem Munde des Mannes, der 2016 grundlos seine demokratische Konkurrentin Hillary Clinton („Lock her up!“) verhaften lassen wollte, wie Realsatire.
Der Fall, den Staatsanwalt Alvin Bragg nun vor Gericht bringt, ist schwach
In einem Punkt aber hat Trump leider recht: Der Fall, den Staatsanwalt Alvin Bragg nun vor Gericht bringt, ist schwach. Gemessen an Trumps unfassbaren Versuchen, die Stimmenauszählung bei der Wahl zu manipulieren, und seiner Aufwiegelung zu einem gewaltsamen Putschversuch wirken 34 Fehlbuchungen eher marginal. Zudem ist die Rechtstheorie, die daraus einen kriminellen Verstoß gegen das Wahlrecht macht, unerprobt.
Der Fall „Die Bürger von New York gegen Donald J. Trump“ steht also auf wackligen Beinen. So wichtig es ist, dass dem ruchlosen Polit-Mafioso Trump endlich wie jedem normalen Verbrecher der Prozess gemacht wird: Man hätte sich einen besseren Hebel gewünscht.