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Kommentar: CDU und die Leitkultur: Eigentlich ist es wurscht

Kommentar

CDU und die Leitkultur: Eigentlich ist es wurscht

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    Vatertag Eine Gruppe Männer ist am 25.05.2017 bei ihrer Vatertagstour mit einem Traktor und einem geschmückten Anhänger bei Waldhausen (Baden-Württemberg) unterwegs. Foto: Thomas Warnack/dpa ++ +++ dpa-Bildfunk +++
    Vatertag Eine Gruppe Männer ist am 25.05.2017 bei ihrer Vatertagstour mit einem Traktor und einem geschmückten Anhänger bei Waldhausen (Baden-Württemberg) unterwegs. Foto: Thomas Warnack/dpa ++ +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Thomas Warnack

    Jetzt, wo dann wieder die Bollerwagen rollen und das Bier in Händen junger Burschen und Väter eventuell sogar noch doller schäumt als auf der Abschluss-Party des CDU-Parteitags, darf man vielleicht die Frage stellen: Ist das jetzt etwa diese Leitkultur? Das, was die Christdemokraten in ihrem frisch gezapften Grundsatzprogramm nun verabschiedet haben? 

    Schon klar: Die Frage, wer wir sind, was uns ausmacht, zusammenhält, zusammenhalten soll, ist eine berechtigte, man muss diese ja nicht unbedingt nach zehn Halben stellen. Doch Leitkultur? Was heißt das? Und ist der Begriff, der ein bisschen so klingt, als habe Friedrich Merz sein eigenes Best-of-Neunziger-Album neu aufgelegt, wirklich der richtige? Im nun aktualisierten Programm gibt es dazu jedenfalls nicht viel: Universelle Menschenrechte, logo, Sprache, klar, Grundgesetz und Rechtsstaatlichkeit, eh. Doch inwieweit unterscheidet sich eine solcherart kleinkariert definierte und umso exzessiver ins Schaufenster gestellte Leitkultur als übergeordneter Kitt dieser Gesellschaft von dem, was Habermas mal „Verfassungspatriotismus“ genannt hat?

    Statt Leitkultur gesucht: Halt und Rahmen über rechtliche Prinzipien hinaus

    Antworten darauf wären hilfreich, zumal das Konzept ursprünglich von dem deutsch-syrischen Politologen Bassam Tibi stammt, der zu Recht anmahnte, dass es so etwas wie einer gemeinsamen Identität bedürfe, um überhaupt integrationsfähig zu werden, Zuwanderern (und eventuell auch Vatertagsausflüglern) so etwas wie Orientierung zu geben. Zunehmend wurde diese Leitkultur dann aber zum Kampfbegriff, verschwand eine Weile – und hat sich seitdem bis heute nicht mit Leben, jetzt lediglich mit ein paar Zeilen im CDU-Programm gefüllt. 

    Nach einigen innerparteilichen Diskussionen steht in diesem nun auch der Satz, dass ein Islam, der sich nicht zu unseren Werten bekennt, nicht zu Deutschland gehört, eine doppelte Verneinung als typischer Parteitags-Kompromiss. Doch wer „gehörte“ denn zu

    Friedrich Merz redet über Christbäume, Markus Söder über Weißwürste

    Fragt man die wahlkämpfenden Leitkulturstreiter der Union, kommt dazu leider wenig: Der Christbaum, so zum Jahreswechsel Friedrich Merz (und damit unfreiwillig einräumend, dass Kultur und Bräuche sich wandeln, gehört doch dieser, also der Baum, zumindest in katholischen Gegenden noch nicht allzu lange zum weihnachtlichen Repertoire). Oder dann halt die Weißwurst, die für den Freistaat konstitutiv sei, wie Markus Söder unlängst anmerkte. Der Thüringer CDU-Politiker Mario Voigt wiederum kam mit der Rostbratwurst um die Ecke, um dann noch – mutmaßlich als Beleg für Weltoffenheit – den in seinem Bundesland patentierten Aufback-Döner hinterherzuschieben. 

    Wenn das aber Leitkultur sein soll, kann man am Partei- oder Vatertag beispielsweise gerne einen Hölderlin grillen, ist ja ohnehin alles lediglich Taktik. Und der Rest ist: Wurscht.

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