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Kommentar: CDU und CSU reißen sich gegenseitig in den Abgrund

Kommentar

CDU und CSU reißen sich gegenseitig in den Abgrund

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    Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, und Markus Söder (CSU), Ministerpräsident des Landes Bayern, streiten um die Kanzlerkandidatur.
    Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, und Markus Söder (CSU), Ministerpräsident des Landes Bayern, streiten um die Kanzlerkandidatur. Foto: Guido Kirchner, dpa

    Der große Zyniker Friedrich Dürrenmatt hat eine zynische Regel für alle Geschichten dieser Welt erdacht. Eine Geschichte, so Dürrenmatt, sei erst mit der schlimmstmöglichen Wendung zu Ende gedacht. Es ist kaum anzunehmen, dass Armin Laschet und Markus Söder in diesen Tagen die Muße finden, ihren Dürrenmatt nachzulesen. An dessen Motto halten sie sich aber in fast tragisch entschlossener Weise. Ein schlimmerer Ausgang des Machtkampfes in der CDU und CSU ist kaum noch denkbar – die offene Schlacht um die Kanzlerkandidatur droht beide Schwesterparteien in den Abgrund zu reißen.

    Die Kandidaten stehen einander in Brachialität kaum nach, genauso wie in der Verweigerung der Einsicht, dass am Ende alle auch als Verlierer dastehen dürften. Einen Unterschied gibt es: Laschet bleibt hart, weil er es sein muss und keine Alternative hat. Söder bleibt hart, weil er es sein will - und eine Macht-Alternative sieht, eben die für sich.

    Kann die CDU ihrem Vorsitzenden Armin Laschet die Kanzlerkandidatur verweigern?

    Der Reihe nach: Armin Laschet weiß seit Monaten, dass er sich in der K-Frage mit Söder einigen muss. Er weiß auch seit geraumer Zeit, den Umfragerückstand zu diesem kaum noch aufholen zu können. Der Aachener baut auf das eine Pfund, das ihm Söder nicht aus der Hand schlagen kann: er ist (nach dem christdemokratischen Kurzzeitdesaster mit „AKK“) frisch gewählter Vorsitzender der viel größeren Partei und hat so das Erstzugriffsrecht. Welche Parteispitze mit Überlebenswillen sollte ihrem Chef unter diesen aktuellen Umständen ihr Vertrauen verweigern?

    Die CDU-Oberen sahen (und sehen?) es genauso, was Laschet die Kandidatur sichern könnte. Auch bleibt durchaus denkbar, dass der NRW-Ministerpräsident ein erfolgreicher Wahlkämpfer und Kanzler wird. Er ist erfahren, integrativ, integer. Seine erste (schwierige) Landtagswahl hat er gewonnen, während Söder seine beinahe verloren hätte. Laschets Corona-Management ist – geht es nur um Resultate und nicht Rhetorik – oft besser. Und die Umfragen? Vor kurzem galt Jens Spahn noch als höchst beliebter Politiker. Der aktuelle Umfragekönig Söder war vor gerade mal drei Jahren einer der unbeliebtesten deutschen Ministerpräsidenten. Und ob zum Wahltag im September eher hartes Pandemiemanagement gefragt sein wird oder integrative Wiederaufbauarbeit?

    Markus Söder ist ein unbedingter Machtmensch

    Doch bleibt natürlich wahr: Laschet geht mit einer gewaltigen Umfrage-Bürde ins Rennen. Auch er wird sich (je länger der Findungsprozess dauert, desto lauter) anhören müssen, ob er einen Egotrip verfolge. Aber verfolgt er den Kampf nicht bis zum Ende, muss er als CDU-Vorsitzender abtreten.

    Söder könnte verzichten, wie er das auch zunächst zu versprechen schien (was seinem öffentlichem Image eine zurücknehmende Facette hinzufügen würde). Die Frage ist: Kann er das, wenn er es nicht muss? Dem neuen Söder könnte der alte Söder in die Quere kommen, der schon in Vergessenheit geriet – ein unbedingter Machtmensch. Zwar klingt Söder, als wolle er fast unschuldig die große Schwester vor einer Wahlpleite bewahren und die „helle Seite der Macht“ zeigen. Aber wenn er sich zugleich anhört, als wolle er beinahe in Trump-Manier die CDU-Basis gegen die da oben in Stellung bringen, zeigt sich auch eine dunkle Seite der Macht.

    Gut möglich, dass die CSU sich von der CDU lösen will, weil sie diese im Niedergang sieht. Doch kann ein CSU-Mann diese dann im Alleingang und gegen die CDU-Spitze retten? Als es noch um die Frage ging, ob ein Bayer Kanzler werden solle, hieß es in der CSU, so ein Plan ähnele in Vergeblichkeit einem Russlandfeldzug. Nun drohen Glaubwürdigkeitsverluste für beide (Schwester)-Parteien. Ist es die schlimmstmögliche Wendung?

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