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Kommentar: Cannabis am Steuer? Keine Experimente im Verkehr!

Kommentar

Cannabis am Steuer? Keine Drogenexperimente im Verkehr!

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    Seit dem 1. April ist der Besitz, private Anbau und Konsum von Cannabis unter Einhaltung bestimmter Regeln in Deutschland erlaubt.
    Seit dem 1. April ist der Besitz, private Anbau und Konsum von Cannabis unter Einhaltung bestimmter Regeln in Deutschland erlaubt. Foto: Christian Charisius, dpa

    Die Cannabis-Legalisierung treibt nicht nur am nun erlaubtem Hanfpflanzentopf seltsame Blüten, sondern auch in der Ampel: Erst kämpft ausgerechnet der Gesundheitsminister für eine Drogenfreigabe und nun wirbt ebenso bizarr ausgerechnet der Verkehrsminister für höhere zulässige Rauschgift-Blutwerte im Straßenverkehr

    FDP-Minister Volker Wissing möchte den bisherigen Grenzwert der THC abgekürzten Cannabis-Rauschmittelsubstanz Tetrahydrocannabinol anheben. Statt bisher 1,0 Nanogramm THC-Gehalt pro Milliliter Blut sollen künftig wohl 3,5

    Bei Cannabis gilt heute im Verkehr eigentlich null Komma null

    Für Nicht-Naturwissenschaftler erklärt: Ein Nanogramm ist gerade mal ein Milliardstel Gramm, bei der Alkoholbestimmung geht es grob gesagt um Millionstel. Und in diesen Kleinstmengenanalysen liegt eines der Grundprobleme: Ein Nanogramm galt lange Zeit als die kleinste noch nachweisbare Menge, weshalb die Grenze von 1,0 Nanogramm einer Null-Komma-Null-Grenze gleichkommt und damit eine Art Fahrverbot bei Cannabiskonsum für mindestens acht Stunden gilt. 

    Verkompliziert wird das, weil der THC-Abbau im Körper wohl noch viel mehr vom individuellen Stoffwechsel abhängt, als dies bei Alkohol der Fall ist. Obendrein baut sich der Stoff bei Dauerkonsumenten deutlich langsamer ab, so dass der Wert von 1,0 Nanogramm teils erst zwei Wochen nach dem letzten Joint erreicht wird. 

    Warum es bei Cannabis und Alkohol am Steuer kein Grund auf Gleichbehandlung gibt

    Aus der komplizierten Gemengelage ziehen Befürworter und Gegner unterschiedliche Folgerungen: Die einen fordern aus Gründen der Verkehrssicherheit weiter eine Art Null-Toleranz-Lösung: Bei Cannabiskonsum Hände weg vom Steuer.

    Die andere Seite verweist auf die Toleranz gegenüber Alkohol-Trinkern und fordert Gleichbehandlung anstatt Diskriminierung. So hat sich auch der Deutsche Verkehrsgerichtstag für eine moderate Anhebung des bisherigen 1,0-Wertes eingesetzt, ohne allerdings einen konkreten Vorschlag zu machen.

    In der eigentlich zuständigen Grenzwertkommission konnte man sich auf keine klare Empfehlung einigen. Die Ampel setzte daraufhin eine neue "unabhängige Expertenkommission" ein, die ihr das gewünschte Ergebnis lieferte

    Grundsätzlich gilt: Die Politik ist frei in ihrer Entscheidung. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach klargestellt, dass es kein "Recht auf Rausch" gibt. Was für Alkohol gilt, muss nicht für Cannabis gelten. Was für Cannabis gilt, muss nicht für Kokain oder Ecstasy gelten. Die Ampel hat schon früh ihr Herz für Kiffer entdeckt, FDP-Chef Christian Lindner hat die Cannabis-Legalisierung sogar einmal als kleinsten gemeinsamen Nenner der zerstrittenen drei Parteien benannt.

    Die THC-Pläne der Ampel drohen am Bundesrat zu scheitern

    Im Verkehrsrecht aber kann die Ampel ihre drogenpolitische Philosophie wahrscheinlich nicht an den Ländern vorbei durchdrücken: Jede Änderung der Alkohol-Promille-Regelung war bislang von der Zustimmung der Länder im Bundesrat abhängig, das dürfte umso mehr für Drogen gelten. 

    Schon die Cannabis-Legalisierung stieß bei den zuständigen Landesinnenministern parteiübergreifend auf Ablehnung. Die Chancen, dass die Anhebung der THC-Grenze im Bundesrat scheitert, stehen deshalb hoch. Denn vor allem eines spricht für die Beibehaltung einer Null-Komma-Null-Lösung bei Cannabis: Wird die Droge selbst in kleinen Mengen mit Alkohol konsumiert, entsteht eine gefährliche Mischung für die Fahrtauglichkeit. Insofern lieber keine Drogenexperimente im Verkehr. 

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