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Kommentar: "Ausländer raus"-Gesänge: Sylt ist überall in Deutschland

Kommentar

"Ausländer raus"-Gesänge: Sylt ist überall in Deutschland

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    Zwei Frauen sitzen auf der Terrasse des Club „Pony“ in Kampen (Sylt). Hier hatten Party-Gäste zu Pfingsten rassistische Lieder gegrölt.
    Zwei Frauen sitzen auf der Terrasse des Club „Pony“ in Kampen (Sylt). Hier hatten Party-Gäste zu Pfingsten rassistische Lieder gegrölt. Foto: Lea Sarah Albert, dpa

    Kampen auf Sylt, Erlangen, Vechta, Hainichen – diese in ganz Deutschland verstreuten Orte haben wenig gemeinsam. Vereint sind sie in diesen Tagen über das Negative, sie haben den gleichen Skandal. Auf die Melodie des über 20 Jahre alten Party-Hits L‘amour toujours von Gigi D’Agostino haben ausgelassen Feiernde ausländerfeindliche Parolen gesungen. 

    Der Vorfall in Sylt schlägt Wellen so hoch wie die Brandung an der Nordsee-Insel. Warum ist das so? Er verstört, weil er den Klischees und Vorurteilen zuwiderläuft, wer in Deutschland rechtsradikale Parolen benutzt. Im gängigen Bild sind das ostdeutsche Männer aus verlassenen Dörfern und kleinen Städten, die seit der Wende tot sind. Hainichen in Sachsen würde es bestätigen.

    Rassismus macht nicht an Klassengrenzen Halt

    Auf Sylt hingegen, dieser west-deutschen Sehnsuchtsinsel, haben schicke Kinder der Oberschicht ihrem Rassismus freien Lauf gelassen. Mit großer Sicherheit sind diese jungen Frauen und Männer gut gebildet und haben etwas von der Welt gesehen. Gemeinhin gelten solche Leute als gewappnet gegen dumpfe Denke. Doch die Verachtung für Ausländer macht nicht an den Klassengrenzen zwischen Unter-, Mittel- und Oberschicht halt. Es gibt sie im ganzen Volk, es gibt sie überall in Deutschland. Die Ursachen dafür zu verstehen, wäre die lohnenswerte Debatte. 

    Ein wichtiger Aspekt dabei wäre, den Erfolg rechter Medienmacher mit kurzen Videos und Bildern in den sozialen Medien zu analysieren. Rechtsradikale Ideen können dort als cool gelten. Wahrscheinlich wird mit einiger Sicherheit nun aber darüber diskutiert, ob das Lied bei öffentlichen Partys und in Klubs verboten werden soll. Die Erlanger Wirte haben das jetzt für die bekannte Bergkirchweih beschlossen. Sie nehmen ihr Hausrecht wahr, um unschöne Nachrichten zu verhindern. An dem Problem, dass Rassismus weit verbreitet ist, kann der Lieder-Bann nichts ändern. 

    Am wenigsten hat es Gigi D’Agostino verdient. „In meinem Lied geht es um ein wunderbares, großes und intensives Gefühl, das die Menschen verbindet. Es ist die Liebe“, sagt er dem Spiegel. Es ist das blanke Gegenteil von dem, was auf Sylt, in Erlangen, Vechta und Hainichen daraus gemacht wurde.

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