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Koalitionsverhandlungen: Holt Deutschland jetzt auch im All auf?

Koalitionsverhandlungen

Holt Deutschland jetzt auch im All auf?

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    Auch Deutschlands Sicherheit wird zunehmend im Weltall verteidigt.
    Auch Deutschlands Sicherheit wird zunehmend im Weltall verteidigt. Foto: John Raoux, AP/dpa

    Der Witz ist alt, beschreibt den Zustand der deutschen Weltraumpräsenz aber ganz gut: Ein Deutscher und ein Amerikaner unterhalten sich über die Errungenschaften ihrer Länder. „We have Bill Clinton, Stevie Wonder, Bob Hope and Jonny Cash“, sagt der Ami und der Deutsche entgegnet: „We have Gerhard Schröder, no Wonder, no Hope and no Cash.“

    Der deutsche Kanzler ist zwar inzwischen ein anderer, aber über die Jahre sind in Deutschland mit Blick auf den Weltraum keine Wunder passiert. SpaceX beispielsweise, das US-Raumfahrtunternehmen von Elon Musk, schießt Dutzende wiederverwendbare Raketen ins All. Deutschland und die Europäer hingegen müssen mit dem Einwegmodell „Ariane“ auskommen. Die Befreiung der Verteidigungsausgaben von den Regeln der Schuldenbremse indes macht der Politik Hoffnung auf Besserung.

    Mindestens 400 Milliarden Euro will die sich abzeichnende Regierung aus Union und SPD für den Rüstungsetat locker machen – wenn sie das Finanzpaket wie geplant durchbekommt. Politiker wie der Grünen-Abgeordnete Toni Hofreiter plädieren dafür, einen Teil dieses Geldes nicht in Panzer, Gewehre und Kanonen, sondern in die militärischen Fähigkeiten Deutschlands im All zu investieren.

    Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik registriert Hunderte Cyberangriffe

    Ohne eine souveräne Präsenz im Weltraum und die uneingeschränkte Nutzung von Satelliteninfrastruktur und Weltraumsystemen ginge es nicht mehr, macht auch der CSU-Abgeordnete und Digitalexperte Reinhard Brandl deutlich. Da dreht es sich einerseits um neue, durchaus unmilitärische Technologien wie das autonome Fahren, das auf zuverlässige Navigationsdienste angewiesen ist, anderseits um die Gefahrenabwehr. Allein im letzten Quartal 2024 wurden dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) mehr als 140 Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen gemeldet. Dazu zählen beispielsweise das Finanz- und Versicherungswesen oder die Energie- und Wasserunternehmen.  

    Brandl verhandelt in der Arbeitsgruppe drei „Digitales“ den neuen Koalitionsvertrag aus. Details dringen nicht nach außen. Aber wenn der CSU-Politiker den Status quo beschreibt, lässt das Rückschlüsse auf den Bedarf und die mögliche Verwendung der Rüstungsmilliarden zu. Russland etwa kann fremde Satelliten mittels Laser- oder Hochfrequenzbeschuss außer Funktion setzen. Doch bei der Abwehr, also bei den sogenannten Anti-Satelliten-Fähigkeiten zum Schutz eigener Satelliten, stünden Deutschland und Europa weitgehend blank da, erklärt Brandl.

    Die USA und Elon Musk haben Starlink

    Während Musks Netzwerk Starlink schon jetzt über eine mindestens vierstellige Anzahl einsatzbereiter Satelliten verfügt und die Chinesen mit einer ähnlichen Zahl eigener Satelliten nachziehen, liegen die europäischen Staaten bei Startkapazitäten und Satelliten weit zurück. Brandl verweist auf das Unternehmen Eutelsat OneWeb, das mit rund 600 Satelliten aufwartet. Die EU baut zwar an einem eigenen Satellitenkommunikationsnetz: Die „Infrastruktur für Resilienz, Interkonnektivität und Sicherheit durch Satelliten“ (Iris2) wird allerdings wohl erst 2030 voll einsatzbereit sein.

    Für die kommenden Haushalte muss es nach Brandls Einschätzung deshalb darum gehen, „wieder mehr in weltraumgestützte Infrastruktur und Systeme“ zu investieren. Der CSU-Experte verweist auf Frankreich, das im Jahr 2024 mit 700 Millionen Euro mehr als doppelt so viel Geld wie Deutschland (330 Millionen) in die Raumfahrt investierte. „Unabhängig von der Summe gilt: Anders als noch im Sondervermögen Bundeswehr 2022 muss ein Investitionsfokus auf neue zukunftsfähige Technologien liegen“, sagte Brandl unserer Redaktion.

    Deutschland im All: Auch die Bundeswehr ist dabei

    Das Land ist ganz blank im All. Vor knapp zwei Jahren nahm das Weltraumkommando der Bundeswehr als eigenständige Dienststelle offiziell seine Arbeit auf. Das Datum markierte einen neuen Meilenstein in den Bemühungen der Politik, bei der Landes- und Bündnisverteidigung deutsche Sicherheitsinteressen auch im Kosmos wahrzunehmen. Aber das reicht offenbar nicht. „Was, wenn die USA künftig weniger Spionage-Informationen an Militärs und Sicherheitsbehörden im Ausland weitergeben“, fragt Brandl mit Blick auf die nicht eben europafreundliche Haltung der neuen US-Administration unter Donald Trump. Die Antwort ist ernüchternd: Innerhalb der Nato liefern die Amerikaner drei Viertel aller Aufklärungsdaten. Deutschlands Anteil liegt bei einem Prozent.

    Raketen-Start-ups wie Rocket Factory, Isar Aerospace und Hyimpulse arbeiten an Trägersystemen, die die Satelliten in den Orbit bringen. Brandl spricht sich für Wettbewerbsanpassungen aus, um diese und andere Anbieter zu stärken. Denkbar wäre etwa die Stückelung großer Aufträge, damit auch kleine Unternehmen eine Chance bekommen.

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    1 Kommentar
    Brunhilde Mayer

    Wenn in Zeitungen Fragen in der Überschrift stehen, ist die Antwort immer NEIN. Das nennt man Betteridges Gesetz. Und das trifft auch hier zu. Deutschland kann in 100 Jahren nicht aufholen was die USA an Vorsprung haben. Das sollte jedem klar sein. Das werden auch ein paar verschwendete Milliarden daran nichts ändern.

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