Vor dem mit Spannung erwarteten Spitzentreffen der Ampel-Koalition hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) optimistisch gezeigt, dass es konkrete Ergebnisse geben wird. Das Bündnis von SPD, Grünen und FDP habe sich insgesamt Großes vorgenommen, und er sei "zuversichtlich, dass wir jetzt einen kleinen Sprung nach vorne machen", sagte Scholz am Vortag in Potsdam.
Auch Grünen-Chefin Ricarda Lang zeigte sich zuversichtlich. "Wir sind dafür gewählt worden, dass wir Probleme lösen. Das werden wir", sagte sie der "Bild am Sonntag". Es liege einiges auf dem Tisch. "Jetzt gilt es, einen Knoten nach dem anderen zu durchschlagen."
Die Spitzen der Ampel-Koalition werden am Sonntagabend (ab 18.00 Uhr) im Berliner Kanzleramt zusammenkommen, um eine lange Liste von Streitpunkten abzuarbeiten. Dazu zählen die Zukunft des Autobahnbaus, der Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen oder die Finanzierung der Kindergrundsicherung.
Rauer Ton in der Koalition
In den letzten Wochen war der Ton in der Koalition deutlich rauer geworden. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hatte sogar einen Vertrauensbruch moniert, weil ein Gesetzentwurf aus seinem Haus an die Medien durchgestochen wurde.
FDP-Politiker wiederum mahnten wiederholt Disziplin beim Geldausgeben an - vor allem mit Blick auf den nun ausstehenden Bundeshaushalt für 2024. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte vor dem Gipfel: "Alle Koalitionsparteien müssen die aktuellen finanzpolitischen Realitäten anerkennen. Dazu zählt die Einhaltung der Schuldenbremse und eine Priorisierung der Staatsausgaben."
Positiv auf die Stimmung der Sitzung im Kanzleramt könnte sich auswirken, dass der Streit zwischen EU-Kommission und Bundesregierung über die Zukunft von Autos mit Verbrennermotoren beigelegt wurde. Vor allem seitens der Grünen war die Hängepartie kritisiert worden. Seit Freitagabend ist klar, dass mit klimaneutralen Kraftstoffen betriebene Autos auch über 2035 hinaus zugelassen werden dürfen. Darauf hatte die FDP bestanden.
Es bleiben aber noch eine ganze Reihe Streitthemen:
Austausch von Öl- und Gasheizungen
Die Grundidee ist in der Koalition eigentlich längst vereinbart: Ab 2024 sollen möglichst nur noch solche Heizungen neu eingebaut werden, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. De facto bedeutet das ein Aus für konventionelle Öl- und Gasheizungen. Habeck goss das in einen umstrittenen Gesetzentwurf. SPD und FDP betonen beide, Hausbesitzer und Mieter dürften nicht überfordert werden.
Schnellerer Bau auch von Autobahnen
Seit Monaten streitet die Koalition, ob nur Bahnstrecken und Brücken schneller gebaut werden sollen oder auch Autobahnen. Letzteres will die FDP. Die Grünen lehnen einen schnelleren Ausbau von Autobahnen dagegen kategorisch ab.
Mehr Klimaschutz im Verkehr
Ihre Klimaziele im Verkehr hat die Bundesregierung gerade wieder gerissen, im Vergleich zum Vorjahr stieg der Treibhausgas-Ausstoß sogar. Besonders die Grünen, aber auch die SPD machen deshalb jetzt Druck auf Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Er schulde seit vielen Monaten ein Sofortprogramm mit ausreichend Maßnahmen, die den CO2-Ausstoß im Verkehr dauerhaft senkten.
Finanzierung der Kindergrundsicherung
Ab 2025 soll die Kindergrundsicherung die staatlichen Leistungen für Familien und Kinder bündeln. Umstritten ist in der Koalition weiterhin, was alles dazugehören soll. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) will eine Aufstockung, weil die bisherigen Hilfen ihrer Meinung nach Kinderarmut nicht ausreichend bekämpfen. Sie hat deshalb einen Bedarf von zwölf Milliarden Euro angemeldet. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hält aufstocken nicht für zwingend, weil die Koalition gerade das Kindergeld angehoben hat.
Dem Koalitionsausschuss gehören die Partei- und Fraktionschefs der drei Ampel-Parteien sowie der Kanzler und mehrere Minister an - insgesamt fast 20 Politiker. Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP darauf verständigt, dass das Gremium monatlich zusammenkommt, "um grundsätzliche und aktuelle politische Fragen miteinander zu diskutieren und die weitere Arbeitsplanung miteinander abzustimmen". In der Praxis tagte das Gremium allerdings deutlich seltener.
(dpa)