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Koalitionsausschuss: Ampel kippt Verbot von Öl- und Gasheizungen

Koalitionsausschuss

Ampel kippt Verbot von Öl- und Gasheizungen

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    Die Parteichefs der Koalitionsparteien, Lars Klingbeil (SPD, r-l), Ricarda Lang (Grüne) und Christian Lindner (FDP) sprechen im Bundestag nach dem Koalitionsausschuss.
    Die Parteichefs der Koalitionsparteien, Lars Klingbeil (SPD, r-l), Ricarda Lang (Grüne) und Christian Lindner (FDP) sprechen im Bundestag nach dem Koalitionsausschuss. Foto: Michael Kappeler, dpa

    In einem Verhandlungsmarathon, der sich über drei Tage erstreckte, hat die Ampel-Koalition ihren heftigen Streit beigelegt. Das vom grünen Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck geplante Verbot von Öl- und Gasheizungen wird gekippt. Stattdessen soll die Anschaffung von klimafreundlichen Heizungen, die auch mit Biomasse, Wasserstoff oder "grünen Gasen" betrieben werden können, massiv gefördert worden. Um den raschen Bahnausbau zu finanzieren, soll die LKW-Maut erhöht werden. Auch der Neubau von Autobahnen soll weiter möglich sein - wenn sie denn von Solarmodulen flankiert werden. Am Dienstagabend verkündeten die Parteichefs Lars Klingbeil (SPD), Ricarda Lang (Grüne) und Christian Lindner (FDP) das Ergebnis, das schon fast wie ein neuer oder zumindest starker Koalitionsvertrag wirkt. 

    Unumwunden räumte Klingbeil ein, dass es zuvor mächtig geknirscht hat: "Das waren Diskussionen, wo wir ringen mussten, das sage ich in aller Klarheit". Doch am Ende stehe ein "Bündel an wichtigen Maßnahmen", das eine massive Stärkung der Bahn, der Straße, der Netze und der erneuerbaren Energien bedeute. Klingbeil versprach ein "Deutschland-Tempo", wie es beim Bau der Flüssiggasterminals an der Küste gezeigt wurde, "in allen Bereichen". Zum heftig umstrittenen Thema der Heizungsverbote sagte er, die Ampel habe im Bereich der Wärmewende das Ziel der Klimaneutralität gestärkt, sei gleichzeitig aber auch auf Unsicherheiten in der Bevölkerung eingegangen. "Wir sorgen dafür, dass soziale Gerechtigkeit herrscht, dass niemand alleingelassen wird."

    Einigung nach Koalitionsausschuss: Kein Verbot von Gasheizungen

    Etwas konkreter wurde FDP-Chef Lindner: "Wir fördern Bürger bei der Modernisierung ihrer Heizungsanlagen, setzen dabei aber auf Technologiefreiheit." Eine ganze Reihe von Heizungstypen werde künftig möglich sein, Anlagen könnten etwa auch mit grünem Wasserstoff, grünen Gasen oder Biomasse betrieben werden. Auch eine Austauschpflicht für bestehende Heizungen werde es ebenso wenig wie ein generelles Verbot fossiler Heizungen geben. Bei allen Regelungen seien Übergangsfristen und Fördermöglichkeiten geplant. 

    Offenbar haben sich also FDP und SPD mit ihren massiven Bedenken gegen Habecks Pläne durchgesetzt, Öl- und Gasheizungen praktisch ganz zu verbieten und vorrangig auf die Wärmepumpen-Technik zu setzen. Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte dann auch, dass es "kein einfacher Prozess" gewesen sei, bei drei Partnern zu einer so grundlegenden Strukturreform zu kommen. Als Erfolg können die Grünen dagegen das Bekenntnis der Ampel verbuchen, die Bahn-Infrastruktur in den kommenden vier Jahren für insgesamt 45 Milliarden Euro zu ertüchtigen. Zur Finanzierung soll die LKW-Maut erhöht werden, 80 Prozent der Einnahmen sollen dann in den Schienenausbau gesteckt werden. "Wir werden den Ausbau einer begrenzten Anzahl von Straßen beschleunigen", musste Lang ein weiteres grünes Zugeständnis an die Koalitionspartner einräumen. Beim Neubau von Autobahnen seien aber Solaranlagen an den Rändern vorgeschrieben.

    Kritik am Mammut-Koalitionsausschuss von CDU-Chef Friedrich Merz

    Zufrieden zeigte sich Christian Lindner: "Wir haben einen guten Abschluss gefunden." Seinen Angaben zufolge werde das bisherige Klimaschutzgesetz auf neue Beine gestellt. Bisher muss jeder Sektor der Gesellschaft jedes Jahr bestimmte Ziele erreichen. Künftig sollen sich die Sektoren gegenseitig helfen können, was bedeuten dürfte, dass nicht eingehaltene Ziele etwa im Bereich Verkehr durch übererfüllte Ziele etwa in der Landwirtschaft kompensiert werden können. Neben der Planungsbeschleunigung im Bereich der Schiene werde auch die Straße in den Blick genommen. Besonders an Engpassstellen solle der Ausbau beschleunigt werden. Geeinigt hat sich die Runde laut Lindner auch auf neue Naturschutzregeln, nach denen für Bau- und Infrastrukturprojekte die Flächenausgleichspflicht auch durch eine Geldzahlung erfüllt werden kann. 

    Am Sonntagabend waren die Spitzen von SPD, Grünen und FDP im Kanzleramt zusammengekommen, dort dauerten die Gespräche zunächst bis zum Montagnachmittag, als Olaf Scholz und mehrere Minister zu einem Besuch bei den niederländischen Kollegen aufbrechen mussten. Am Dienstagmorgen setzte der Koalitionsausschuss seine Arbeit fort. Medien berichteten zwischenzeitlich unter Berufung auf Verhandlungsteilnehmer von erheblichen Spannungen beim Thema Klimaschutz. Die Grünen bestanden demnach auf rasche und massive Maßnahmen zur Eindämmung der vom Menschen verursachten Erderwärmung, etwa das Verbot von Gas- und Ölheizungen, den Stopp des Neubaus von Autobahnen sowie ein generelles Tempolimit. Doch FDP und auch SPD warnten vor den Konsequenzen für Mieter, Verbraucher und die Wirtschaft. 

    CDU-Chef Friedrich Merz hatte den Mammut-Koalitionsausschuss am Mittag scharf kritisiert. "Wir haben ganz offensichtlich in Deutschland eine Regierungskrise", sagte er. Offenbar könne sich die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP "in wesentlichen Fragen nicht mehr einigen".

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