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Koalition: Wie viel Soziales kann sich die Ampel noch leisten?

Koalition

Wie viel Soziales kann sich die Ampel noch leisten?

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    SPD-Minister Hubertus Heil mit DGB-Chef Reiner Hoffmann (rechts).
    SPD-Minister Hubertus Heil mit DGB-Chef Reiner Hoffmann (rechts). Foto: Britta Pedersen, dpa

    Hundert Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr, aber Haushaltskürzungen beim Familienetat: Seit dem Krieg in der Ukraine sorgen sich nicht nur Verantwortliche in der Koalition, ob die vielen ursprünglichen Pläne der Ampel angesichts neuer Krisenkosten umsetzbar sind.

    Auch DGB-Chef Reiner Hoffmann schlug am Wochenende Alarm. „Die Gefahr ist groß, dass Sozialreformen wie das Bürgergeld oder die Kindergrundsicherung auf die lange Bank geschoben oder gekippt werden“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Dieser Krieg kann nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder der Schwachen in dieser Gesellschaft ausgetragen werden“, warnte Hoffmann.

    Die Vorhaben der Ampel wollen bezahlt werden

    SPD,Grüne und FDP haben sich im Koalitionsvertrag vor allem auf zwei soziale Großvorhaben geeinigt: das Bürgergeld und die Kindergrundsicherung. Das Bürgergeld soll Hartz IV für Langzeitarbeitslose ablösen. Der Ersatz des bisherigen Arbeitslosengeldes II soll künftig in den ersten beiden Bezugsjahren ohne Anrechnung eigenen Vermögens und ohne Beschränkungen der Wohnungsgröße gewährt werden und zudem soll es später ein höheres Schonvermögen geben. Die Kindergrundsicherung soll eine Vielzahl bisheriger familienpolitischer Leistungen für Kinder zusammenfassen und automatisch ausgezahlt werden. Dafür soll es einen Grundbetrag für alle Kinder ab der Geburt geben und einen einkommensabhängigen Zusatzbetrag.

    Doch der finanzpolitische Spielraum dürfte für die Koalition nach Corona nun durch die Folgen des Ukraine-Kriegs enger werden. Schon vor dem Angriff Wladimir Putins auf die Ukraine setzte FDP-Bundesfinanzminister Christian Lindner im Haushalt Kürzungen durch: Der Haushalt der grünen Bundesfamilienministerin Anne Spiegel verfügt in diesem Jahr über 600 Millionen Euro weniger als der ihrer SPD-Vorgängerin Franziska Giffey im vergangenen Jahr. Auch SPD-Sozialminister Hubertus Heil muss im Vergleich zum Vorjahr mit knapp drei Prozent weniger Geld in seinem Etat planen, der mit 160 Milliarden Euro jedoch mit Abstand der größte aller Ressorts bleibt.

    Hubertus Heil: Koalition will an geplanten Reformen festhalten

    Dennoch betont der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, dass die Koalition trotz der Herausforderungen des Kriegs in der Ukraine uneingeschränkt an ihren geplanten Sozialreformen festhalten will. Die Einführung der Kindergrundsicherung und des neuen Bürgergeldes als Ersatz für Hartz IV würden wie im Koalitionsvertrag vereinbart auf den Weg gebracht werden, sagt der SPD-Politiker im Gespräch mit unserer Redaktion. „Die Corona-Pandemie sowie die wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Krieges zeigen, dass ein starker Sozialstaat notwendig ist, um unsere Gesellschaft in schwierigen Zeiten zusammenzuhalten“, sagte Heil. „Wir werden auch weiter die Einführung der Kindergrundsicherung und des neuen Bürgergeldes vorantreiben“, betont der SPD-Politiker.

    „Putins brutaler Krieg gegen die Ukraine zwingt uns in vielen Bereichen zur Neuausrichtung unserer Politik, aber nicht zur Aufgabe unserer Werte“, sagte Heil. „Wir müssen zweifellos mehr in die Ausrüstung der Bundeswehr und in die äußere Sicherheit investieren“, erklärte der Minister. „Genauso klar ist jedoch auch, dass wir in unsere Gesellschaft und in die soziale Sicherheit in diesem Land investieren müssen“, betonte Heil. Akute Krisenpolitik und langfristige Sozialpolitik seien keine Gegensätze. „Um es auf den Punkt zu bringen: Als Bundesregierung werden wir nicht zulassen, dass Rüstung gegen Rente oder sozial Bedürftige gegen Geflüchtete ausgespielt werden“, betont der SPD-Minister.

    Mehr Geld für die Bundeswehr – und weniger für Sozialreformen?

    Dies dürfte auch eine klare Ansage der größten Regierungspartei an die FDP sein, nachdem sich Finanzminister Christian Lindner vergangene Woche auffällig bedeckt hielt, als er auf die Kosten der geplanten Sozialreformen angesichts der vielen zusätzlichen Haushaltsbelastungen angesprochen wurde. Dagegen wies SPD-Kanzler Olaf Scholz in deutlichen Worten Spekulationen zurück, die geplante Aufrüstung der Bundeswehr könne auf Kosten anderer wichtiger Investitionen gehen. „Das ist definitiv ausgeschlossen“, betonte der Kanzler.

    Gerade deshalb sei der Weg eines Sondervermögens gewählt worden, um hundert Milliarden Euro in die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr zu stecken. Andere Vorhaben zur Modernisierung der Volkswirtschaft und Gesellschaft sollten nicht zurückgestellt werden, versicherte Scholz. Dazu zähle auch die Stärkung des sozialen Zusammenhalts.

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