Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sieht in SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich eine Gefahr für den Fortbestand der Ampel-Koalition. «Meine größte Sorge hinsichtlich der Stabilität der Bundesregierung bis zur Bundestagswahl ist inzwischen die SPD-Bundestagsfraktion», sagte Lindner dem «Handelsblatt». «Der Vorsitzende der SPD-Fraktion hat innerhalb weniger Tage in der Sicherheits- und in der Haushaltspolitik sowie bei den geschärften Anforderungen an das Bürgergeld die Grundsatzentscheidungen der Bundesregierung infrage gestellt.»
Die SPD-Bundestagsfraktion wies die Kritik zurück. «Es ist nicht Aufgabe des Parlaments, dem FDP-Finanzminister zu gefallen», sagte Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast. «Es ist Aufgabe des Parlaments, als Gesetzgeber die richtigen Weichen für Sicherheit im Äußeren, Inneren und im Sozialen zu stellen - auch beim Haushalt. Die gesamte SPD Fraktion ist dafür Garant.»
Die SPD-Fraktion hatte während der Haushaltsverhandlungen immer wieder vehement ein Aussetzen der Schuldenbremse gefordert, um größeren Spielraum für Investitionen zu haben. Dagegen stemmte sich die FDP, was in der SPD für massiven Unmut sorgte. Nach dem Haushaltskompromiss Anfang Juli warf Mützenich indirekt Lindner vor, seiner Verantwortung in den Verhandlungen nicht gerecht geworden zu sein, und kündigte an, die Option der Haushaltsnotlage bleibe auf dem Tisch.
Vor wenigen Tagen kritisierte Mützenich auch die geplante Stationierung weitreichender US-Waffen in Deutschland, die die Bundesregierung mit den USA ausgehandelt hat, und warnte vor dem Risiko einer militärischen Eskalation. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wies diese Befürchtungen daraufhin öffentlich zurück.
«Langsam positionieren sich alle für die Zukunft»
Lindner betonte im Gespräch mit dem «Handelsblatt», wenn es nicht gelingen sollte, das weiter bestehende Haushaltsloch von 17 Milliarden Euro über sogenannte finanzielle Transaktionen zu schließen, werde er keinesfalls einen Haushalt mit einem so großen Haushaltsloch beschließen lassen. Eine geplante Minderausgabe von bis zu neun Milliarden Euro entspräche der Staatspraxis, so Lindner. «Alles darüber hinaus wirft verfassungsrechtliche Fragen auf und würde das Risiko erhöhen, den laufenden Haushalt 2025 mit Sperren bewirtschaften zu müssen.»
Zu einer etwaigen Neuauflage des Ampel-Bündnisses nach der Bundestagswahl im Herbst 2025 wollte sich Lindner nicht äußern. «Zu Koalitionsoptionen äußern wir uns erst im kommenden Jahr. Jetzt steht noch Arbeit an», sagte der FDP-Chef. Der Wahlkampf habe noch nicht begonnen. «Aber es ist eine Realität, dass sich langsam das Fenster für Gesetzgebung schließt.»
Einige für ihn wichtige Vorhaben seien noch offen, darunter mehr Attraktivität für die private Altersvorsorge durch ein gefördertes Aktiendepot, so Lindner. «Langsam positionieren sich alle für die Zukunft. Die SPD spricht über eine Vermögensteuer, die Grünen über höhere Schulden.»
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