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Klimawandel: Ja, aber... die beliebtesten Klima-Ausreden und was von ihnen zu halten ist

Trockenheit und Sturmschäden belasten die Wälder. Sie leiden unter den Folgen des Klimawandels.
Klimawandel

Ja, aber... die beliebtesten Klima-Ausreden und was von ihnen zu halten ist

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    Wie gerne wären wir alle ein leuchtendes Vorbild in Sachen Klimaschutz. Alle Fakten sprechen schließlich dafür, dass wir selbst es mit in der Hand haben, wie die Zukunft aussieht. Und auch Handlungsempfehlungen gibt es mehr als genug. Wenn da nicht unsere Gewohnheiten wären, unsere ganz persönlichen kleinen Freuden des Alltags, unser Wunsch nach einem schönen Leben. Und so haben wir alle scheinbar perfekte Ausreden zur Hand, wenn es darum geht, warum wir das Klima just in diesem Augenblick nicht schützen können. 

    Aber ich trenne brav meinen Müll.
    Aber ich trenne brav meinen Müll. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    Die Wiederverwertung von Müll gilt als wichtiger Baustein für den Umweltschutz. Rohstoffe werden geschont, der Ausstoß von Treibhausgasen verringert. Und tatsächlich sind die Deutschen hier besonders genau: Hierzulande wurden im Jahr 2020 67 Prozent der Siedlungsabfälle recycelt, ebenso 68,1 Prozent der Verpackungsabfälle. Viele Papier- und Kartonarten etwa werden inzwischen fast ausschließlich aus Altpapier hergestellt. Schlechter sieht es bei der Recyclingquote für Elektromüll aus, hier landen die meisten Altgeräte im Restmüll. Dabei sind gerade in diesen Produkten wertvolle Materialien wie etwa Kupfer enthalten. Das Recycling von Verpackungen aus der Gelben Tonne und dem Gelben Sack, aus Glas sowie aus Papier, Pappe und Karton spare in Deutschland jährlich 1,95 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ein, rechnet die Initiative „Mülltrennung wirkt“ unter Verweis auf eine Studie des Öko-Instituts vor. Das sei so viel, als würde eine Person 1,38 Millionen Mal von Berlin nach New York fliegen.

    Und doch ist er beste Abfall der, der erst gar nicht entsteht. Und da sind die Deutschen deutlich nachlässiger. Laut Verbraucherzentrale Berlin produzieren die Bürgerinnen und Bürger hierzulande 770 Tonnen Verpackungsmüll pro Tag allein durch Mitnahme-Verpackungen für Speisen und Getränke. Insgesamt betrachtet ist das Abfallaufkommen der privaten Haushalte zuletzt deutlich angestiegen: Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes wurden pro Kopf 483 Kilogramm Haushaltsabfälle eingesammelt. Das waren noch mal sechs Kilogramm mehr als im ersten Corona-Jahr 2020, als das Pro-Kopf-Aufkommen ohnehin schon um 19 Kilogramm gegenüber dem Jahr 2019 gestiegen war. Das ist mehr als in den meisten anderen EU-Staaten. In der Regel gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Wohlstand, der in einem Land herrscht und der Müllmenge. Das erklärt auch, warum die Zahlen in Rumänien deutlich niedriger sind. 

    Aber sollen doch erst mal die Chinesen das Klima schützen.
    Aber sollen doch erst mal die Chinesen das Klima schützen. Foto: He Jinghua, dpa

    Während die Deutschen ihre Klimabilanz verbessert haben in den vergangenen Jahren, wird die der Chinesen schlechter. Das asiatische Riesenreich ist inzwischen für 30 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Deutschland für zwei Prozent. Das Argument, dass erst einmal die Chinesen sich ändern müssten, ist daher beliebt. Sogar der damalige US-Präsident Donald Trump führte es an, als er aus dem Pariser Klimaabkommen ausstieg.

    Ein Grund, sich zurückzulehnen, ist Chinas bittere Bilanz nicht. Denn zur Wahrheit gehört auch: Deutschland bildet mit seinen 80 Millionen Einwohnern (China: 1,4 Milliarden Einwohner) rund 1 Prozent der Weltbevölkerung (8 Milliarden Menschen) - und ist eben dennoch für 2 Prozent der Emissionen verantwortlich. In China leben 18 Prozent der Weltbevölkerung. Mit unseren Emissionen landen wir als Industrienation mit hohem Konsumniveau auf Platz 7 von 194 Ländern - und damit weit über dem Durchschnitt. Hinzu kommt, dass Deutschland durch seine mächtige Stellung in Europa so etwas wie eine Vorreiter-Rolle einnimmt.

    Für China als sich entwickelndes Land hat die Wirtschaft Priorität vor dem Klima. Die Industrie verbrennt Öl, Gas und Kohle in gigantischen Massen. Doch die Führung in Peking hat auch das Potenzial von „grüner“ Technologie erkannt. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird energisch vorangetrieben, der Markt der E-Autos in China ist regelrecht explodiert: Mehr als die Hälfte aller reinen Elektroautos und Plug-in-Hybride der Welt fährt auf chinesischen Straßen. Ab 2030 will das Land seine CO2-Emissionen senken, Präsident Xi Jinping möchte bis 2060 klimaneutral werden. Hinzu kommt, dass auch China unter den Folgen des Klimawandels zu leiden hat. Zuletzt war es im Süden des Landes zu schweren Überschwemmungen gekommen. Im Juli wurden im Nordwesten Temperaturen von mehr als 50 Grad Celsius registriert - die höchste dort je gemessene Temperatur.

     Aber ich esse doch schon Bio-Fleisch.
    Aber ich esse doch schon Bio-Fleisch. Foto: Bernd Thissen, dpa

    Schnitzel, Braten, Wurst – zu einer vollwertigen Mahlzeit gehört für viele Menschen Fleisch. Pro Person sind im vergangenen Jahr 52 Kilogramm Fleisch verzehrt worden, rund 4,2 Kilogramm weniger als 2021, rechnet das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) vor. Dies sei zwar der niedrigste Stand seit Beginn der Berechnungen im Jahr 1989, aber immer noch etwa ein Kilogramm pro Mensch und Woche. Dabei gilt Fleisch, gerade vom Rind, als Klimakiller. Beim Verdauen produzieren die Tiere besonders klimaschädliches Methan. Das Umweltbundesamt (UBA) hat den durchschnittlichen CO2-Fußabdruck von Fleisch- und Fleischersatzprodukten errechnet. Die Ergebnisse sind eindeutig: Während für die Produktion eines Kilos Soja-Fleischersatz 2,8 Kilogramm CO2 in die Atmosphäre gepustet werden, ist es für Rindfleisch mit 30,5 Kilogramm mehr als das Zehnfache. Das liegt zum einen an der Tierhaltung selbst, aber auch an der Futterproduktion, für die etwa häufig große Waldflächen gerodet werden. Der Anteil von Bio-Fleisch ist in Deutschland gering. Im Jahr 2020 lag er bei Bio-Geflügel bei gerade einmal 2,6 Prozent, bei Rotfleisch (Schwein, Rind, Lamm, Schaf und Kalb) bei 3,6 Prozent. 

    Dabei Bio ist in vielerlei Hinsicht gut für die Umwelt - und vor allem für die Tiere. Doch das Klima schonen Bio-Lebensmittel nicht zwangsläufig. Das liegt daran, dass die Produktivität in der ökologischen Landwirtschaft nicht so hoch ist wie in der konventionellen Landwirtschaft. Um den heutigen Markt zu befriedigen, bräuchte es also noch größere Viehbestände. Die Tiere in der Öko-Landwirtschaft leben länger, stoßen dadurch mehr Methan aus. Hinzu kommt, dass ein Drittel des Rindfleisches von Milchkühen stammt. Die werden doppelt genutzt: Als Fleischlieferanten und als Milchlieferanten - die Emissionen verteilen sich rein rechnerisch auf zwei Produkte. In der Öko-Landwirtschaft wachsen die Kälber bei den Muttertieren auf und trinken die Milch. Hilft also nur weniger Fleisch zu essen. Wer auf Fleisch verzichtet, spart knapp ein Viertel der Treibhausgase ein. Bei Veganern beträgt die Einsparung bereits über 53 Prozent. 

    Aber einen Urlaubsflug wird man sich doch noch erlauben dürfen.
    Aber einen Urlaubsflug wird man sich doch noch erlauben dürfen. Foto: Andreas Arnold, dpa

    Zwar meldet sich hin und wieder das schlechte Gewissen, die „Flugscham“, doch auf Reisen in Richtung Süden zu verzichten, fällt vielen Deutschen schwer. Längere Strecken sind ohne Flugzeug ohnehin kaum machbar und Fernreisen liegen im Trend. Dabei ist es die klimaschädlichste Art, sich fortzubewegen: „Ein Flug von Deutschland auf die Malediven und zurück verursacht zum Beispiel pro Person eine ,Klimawirkung’ von rund drei Tonnen CO2. Mit einem Mittelklassewagen können Sie dafür mehr als 15.000 km fahren“, so das Umweltbundesamt. Zum Vergleich: Der klimaverträgliche Ausstoß an Treibhausgasen sollte zumindest theoretisch drei Tonnen pro Jahr und Bürger nicht übersteigen. Schon ein einzelner Flug kann also die persönliche Klimabilanz nachhaltig verhageln. Beim Fliegen kommt hinzu, dass neben CO2 auch Stickoxide und Aerosol ausgeschieden werden, die die Treibhauswirkung verstärken. 

    Doch bei der Suche nach Alternativen gibt es einen großen Haken: Bei Reisen durch Europa ist die klimafreundliche Bahn häufig teurer als das Flugzeug. Zu diesem Ergebnis kommt die Umweltorganisation Greenpeace, die europaweit die Ticketpreise für beide Verkehrsmittel auf 112 Strecken zu jeweils mehreren Buchungszeitpunkten verglichen hat. Dabei sei die Bahn zu 71 Prozent für die Kunden kostspieliger als die klimaschädlicheren Flugverbindungen. Zwar steigt die Nachfrage nach Flügen wieder, doch sie liegt nach wie vor deutlich unter der Vor-Corona-Zeit. Das liegt auch daran, dass viele Geschäftsreisen inzwischen eingespart und durch Online-Kommunikation ersetzt werden. Wer sein Gewissen entlasten will, sollte überlegen, ob nicht eine Busreise sogar erste Wahl wäre. Experten weisen darauf hin, dass moderne Busse sogar klimafreundlicher seien als die Bahn, deren Elektrizität größtenteils aus Kohlekraftwerken gespeist wird. (mit dpa)

    Um die Folgen für Gesundheit und Wirtschaft gering zu halten, ist es wichtig, die regionalen Folgen des Klimawandels zu kennen. Mit unserem Projekt "Klimaausblick" wollen wir genau das zeigen. Für jeden Landkreis haben wir eine Tabelle mit Prognosen erstellt. Sie zeigen, wie sich das Klima in Ihrer Heimat entwickeln wird: auf welche Temperaturen wir uns einstellen müssen, wie lange künftig die Hitzeperioden dauern werden und wie stark die Zahl der Frosttage abnimmt. Die Diagramme finden Sie hier.

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