Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Hochwasser: Kommt nun die Versicherungspflicht gegen Naturkatastrophen für alle?

Hochwasser

Kommt nun die Versicherungspflicht gegen Naturkatastrophen für alle?

    • |
    Häuser im Hochwassergebiet in der niedersächsischen Gemeinde Lilienthal bei Bremen.
    Häuser im Hochwassergebiet in der niedersächsischen Gemeinde Lilienthal bei Bremen. Foto: Sina Schuldt, dpa

    Noch immer bangen in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt die Menschen, ob die Deiche gegen das Hochwasser halten, Bundeswehrsoldaten helfen den erschöpften Betroffenen vor Ort beim Füllen und Schleppen der Sandsäcke. Die Schäden der Katastrophe sind längst nicht absehbar, inzwischen fürchten Fachleute, dass die für die kommenden Tage angekündigte Eiseskälte mit bis zu zehn Grad minus die

    Nur 30 Prozent der Gebäude in Niedersachsen sind gegen Hochwasser versichert

    In kaum einem Bundesland sind so wenige Menschen gegen Hochwasserschäden versichert, wie in Niedersachsen: Nur 30 Prozent der Gebäude haben eine sogenannte Elementarschaden-Zusatzpolice. Während mit der normalen Gebäudeversicherung Schäden durch Blitzschlag, Frost, Sturm, Feuer und Hagel gewöhnlich abgesichert sind, gilt dies für Naturkatastrophen nicht. Unter Elementarschäden versteht man hauptsächlich Überschwemmungen, Sturmfluten, Erbeben, Erdrutsche oder starken Schneedruck auf Dächern. 

    Doch obwohl die Unwetter angesichts der Klimaveränderungen zunehmen, liegt die Versicherungsquote bundesweit nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft bei nur etwas über 50 Prozent. Und das auch nur, weil sie in Baden-Württemberg noch immer 94 Prozent beträgt, obwohl dort die landesweite Versicherungspflicht vor dreißig Jahren außer Kraft gesetzt wurde. In Bayern sind nur vier von zehn Gebäuden gegen Elementarschäden abgesichert.

    CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst fordert Pflichtversicherung gegen Elementarschäden

    Nach der Hochwasser-Katastrophe in vielen Regionen Deutschlands erhöhen die Bundesländer den Druck auf die Bundesregierung zur Einführung einer bundesweiten Versicherungspflicht. „Wir brauchen dringend eine bundeseinheitliche Lösung zur Einführung einer Elementarschadenpflichtversicherung“, sagt der nordrhein-westfälische CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst auf Anfrage unserer Redaktion. Wüst verweist auf die Folgen der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021, die ebenso wie die aktuellen Überflutungen durch Starkregen ausgelöst wurden.

    „Wir dürfen keine weitere wertvolle Zeit verlieren“, mahnt Wüst. „Denn die vergangenen Tage, Monate und Jahre haben bereits gezeigt, dass Extremwetterereignisse immer öfter auftreten und die Frage der Vorsorge mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Wir müssen deshalb jetzt ins Handeln kommen.“

    Die Schäden solcher gehäuft auftretenden Katastrophen seien immens, mahnt der Regierungschef. „Das hat die Hochwasser-Katastrophe im Sommer 2021 gezeigt und das zeigt die jetzige Hochwasserlage erneut, Naturkatastrophen machen keinen Halt an Ländergrenzen und stellen uns immer häufiger vor große Herausforderungen“, betont Wüst. „Anstatt nach solchen Ereignissen über Fonds-Lösungen Abhilfe zu schaffen, müssen finanzielle Vorsorgen getroffen werden“, erklärt der CDU-Politiker. „Bei der konkreten Ausgestaltung bin ich offen, aber klar ist: Es kann nicht sein, dass am Ende immer die Steuerzahler die Rechnung bezahlen.“

    Ministerpräsident Henrik Wüst (Mitte) besucht  in Nordrhein-Westfalen betroffene Hochwassergebiete wie hier in Petershagen.
    Ministerpräsident Henrik Wüst (Mitte) besucht in Nordrhein-Westfalen betroffene Hochwassergebiete wie hier in Petershagen. Foto: Christoph Reichwein, dpa

    Versicherungsbranche nimmt Staat bei Vorsorgemaßnahmen in die Pflicht

    Allein die Schäden der Ahrtal-Katastrophe werden auf über 40 Milliarden Euro geschätzt, nur 8,4 Milliarden davon gelten als versichert. Befürworter einer generellen Versicherungspflicht gegen Elementarschäden erhoffen sich, dass dadurch die Prämien insbesondere in gefährdeten Regionen sinken, die vor allem in Hochwasser-Risikogebieten oft kaum bezahlbar sind. Die Versicherungswirtschaft warnt jedoch davor, dass eine Pflicht kein unkalkulierbarer Freibrief werden dürfe, in solchen Gegenden künftig noch mehr Bauland auszuweisen und fordert viel mehr staatliche Vorbeugemaßnahmen etwa beim Hochwasserschutz. Insgesamt gilt deshalb ein Elementar-Versicherungsgesetz als komplexe Angelegenheit, zumal die Versicherer den Staat für die Rückversicherung der vermutlich steigenden Klima-Risiken mit in die Pflicht nehmen wollen.

    Der größte Widerstand kommt bislang von FDP-Bundesjustizminister Marco Buschmann. „In einer Zeit höchster finanzieller Belastungen privater Haushalte sollten wir von allem die Finger lassen, was Wohnen und Leben in Deutschland noch teurer macht“, wies er mehrfach die Forderungen der Länder zurück. 

    Ministerpräsident Wüst verweist dagegen auf entsprechende Zusagen von Bundeskanzler Olaf Scholz und fordert den Bund auf, den einstimmigen Bundesratsbeschluss der Länder umzusetzen, ein Gesetz zu erarbeiten: „Die Ministerpräsidenten sind sich hier parteiübergreifend und geschlossen einig, der Kanzler hat sein Wort gegeben die Einführung umzusetzen – die Bundesregierung muss daher endlich aktiv werden“, betont er. „Die Bundesregierung darf hier nicht länger hinter ihren Versprechungen zurückbleiben.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden