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Klimaschutz: Wie die EU mit einen Spaltpilz für die deutsche Regierung schafft

Klimaschutz

Wie die EU mit einen Spaltpilz für die deutsche Regierung schafft

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    Das Kernkraftwerk in Gundremmingen wurde zum Jahreswechsel abgeschaltet – die Bundesregierung stellt sich klar gegen Atomkraft.
    Das Kernkraftwerk in Gundremmingen wurde zum Jahreswechsel abgeschaltet – die Bundesregierung stellt sich klar gegen Atomkraft. Foto: Stefan Puchner, dpa

    Das neue Jahr ist erst wenige Tage alt, da hat die Europäische Kommission bereits ein Thema platziert, das ordentlich Sprengstoff enthält: Um die Frage, ob Gas- und Atomkraftwerke als klimafreundlich eingestuft werden sollen, ist ein heftiger Streit entbrannt – sowohl international als auch innerhalb der deutschen Ampel-Regierung zeigen sich klare Trennlinien auf. Dabei sollte die sogenannte „Taxonomie“, also die Einstufung, welche Bereiche der Wirtschaft „grün“ sind, ein wichtiger Schritt zur Umsetzung des ehrgeizigen „Green Deals“ der Brüsseler Behörde sein. Doch wie sich zeigt, war es einfacher, sich auf ein abstraktes Bekenntnis zum Klimaschutz zu einigen, als konkrete Schritte zu gehen.

    Robert Habeck, Bundesminister Wirtschaft und Klimaschutz, ist wenig erfreut über den Vorstoß der EU-Kommission.
    Robert Habeck, Bundesminister Wirtschaft und Klimaschutz, ist wenig erfreut über den Vorstoß der EU-Kommission. Foto: Bernd Von Jutrczenka, dpa

    Vor allem Grüne und FDP sind sich uneins, wie sie mit dem europäischen Vorhaben umgehen sollen. „Die EU-Kommission erzeugt die große Gefahr, wirklich zukunftsfähige, nachhaltige Investments zugunsten der gefährlichen Atomkraft zu blockieren und zu beschädigen“, sagte Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) der Rheinischen Post. „Auch die Aufnahme von Erdgas halte ich für fragwürdig.“ Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner äußerte sich hingegen grundsätzlich positiv zum Vorschlag hinsichtlich moderner Gaskraftwerke. Tatsächlich war es unter anderem Deutschland, das sich für eine Aufnahme der Bild: „Wir müssen jedenfalls innerhalb der Ampel einen Konsens darüber finden, wie wir den Ausgleich zwischen den Zielen der CO2-Reduktion und der stabilen Energieversorgung hinbekommen.

    Denkverbote jeglicher Art helfen dabei nicht weiter.“ Mit Blick auf die Kritik von Lemke sagte er: „Man ist im Übrigen kein guter Europäer, wenn man nur Entscheidungen akzeptiert, die einem passen.“ Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck sieht hingegen einen Kompromiss in weiter Ferne: „Eine Zustimmung zu den neuen Vorschlägen der EU-Kommission sehen wir nicht“, sagte Habeck. „Immerhin macht die EU-Kommission hier aber sehr klar, dass Gas aus fossilen Brennstoffen nur ein Übergang ist und es durch grünen Wasserstoff ersetzt werden muss.“

    Auch aus der CSU gibt es Kritik an der EU

    Österreich droht bereits mit einer Klage gegen die Pläne der EU. Eine entsprechende Ankündigung gibt es aus der Bundesregierung bislang nicht. Zumindest Widerstand gibt es aus Luxemburg, Dänemark und Portugal – diese Länder wollen die Atomkraft nicht stärken. Allerdings gibt man sich bei der EU-Kommission auch gelassen, dass Klagen ohne Erfolg bleiben dürften.

    Doch Kritik am Vorhaben der EU kommt keineswegs nur aus dem grünen Lager. „Die geplante Aufnahme von Kernenergie in die Taxonomie ist vor allem ein nachträgliches Weihnachtsgeschenk an Frankreich“, sagt Markus Ferber, EU-Abgeordneter der CSU und wirtschaftspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion. „Niemand hat vor, Kernkraft in allen Mitgliedstaaten der EU zu verbieten. Das heißt aber nicht, dass man Kernkraft deswegen als nachhaltig deklarieren muss.“ Solange die Entsorgungsfrage nicht beantwortet sei, sei ein solches Vorgehen „schlichtweg nicht seriös“. „Eine Einstufung von Kernenergie als ‚nachhaltig‘ wird die Akzeptanz der Taxonomie am Markt untergraben“, sagt Ferber. „Wenn die Kommission ihren eigenen Anspruch ernst nimmt und die Taxonomie zum Goldstandard für nachhaltige Finanzierung machen will, sollte sie diesen Vorschlag noch einmal grundsätzlich überarbeiten.“

    Das bedeutet die neue Einstufung der EU im Alltag

    Ferber macht aber auch der neuen Bundesregierung schwere Vorwürfe. Bundeskanzler Olaf Scholz habe das Kräftemessen gegenüber Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verloren. Scholz hat sich stets gegen eine Einstufung der Kernenergie als grüne Energiequelle ausgesprochen, Macron drängte darauf. Für Ferber ist klar: „Noch kann der Entwurf angepasst werden. Die Bundesregierung muss also raus aus der Schmollecke und nun dringend für Anpassungen sorgen.“

    Die Einstufung von Wirtschaftstätigkeiten durch die Europäische Kommission im Rahmen der sogenannten Taxonomie ist mehr als einfach nur ein politisches Signal. Sie soll Anleger in die Lage versetzen, ihre Investitionen auf nachhaltigere Technologien und Unternehmen umzustellen und so wesentlich zur Klimaneutralität Europas bis zum Jahr 2050 beitragen. Es wird damit gerechnet, dass sie weitreichende Auswirkungen hat, da sich als nachhaltig eingestufte Projekte deutlich leichter und günstiger finanzieren lassen dürften. (huf/dpa)

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