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Klimaschutz: Umweltbundesamt-Chef: "Klimakleber sollten Protestform überdenken"

Klimaschutz

Umweltbundesamt-Chef: "Klimakleber sollten Protestform überdenken"

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    Klimakleber der selbsternannten Letzten Generation werden in Ulm von der Straße getragen.
    Klimakleber der selbsternannten Letzten Generation werden in Ulm von der Straße getragen. Foto: Alexander Kaya

    Klimaschutz ist wichtig, aber bitte nicht so konsequent und nicht so schnell. Mit diesem Satz lässt sich die Haltung der Deutschen zum Kampf gegen die Aufheizung des Planeten zusammenfassen. Das ist das zentrale Ergebnis der neuen Studie des Umweltbundesamtes zum Umweltbewusstsein. Demnach halten 91 Prozent der Deutschen den klimafreundlichen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft für notwendig, aber 39 Prozent fürchten, dass sie dadurch sozial absteigen. Drei Viertel der Menschen erwarten außerdem, dass die Umgestaltung die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter öffnen wird. 

    Befragt wurden für die repräsentative Studie 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ab 14 Jahren im Juni vergangenen Jahres, deren Antworten man auf die Gesamtbevölkerung übertragen hat. Für den Chef des Umweltbundesamtes (UBA) ist die Widersprüchlichkeit gut und schlecht zugleich. „Die Menschen haben ein hohes Umweltbewusstsein“, sagte Dirk Messner bei der Vorstellung des Papiers am Donnerstag in Berlin.

    Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, dringt auf deutlich mehr Tempo im Kampf gegen die Erderwärmung.
    Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, dringt auf deutlich mehr Tempo im Kampf gegen die Erderwärmung. Foto: Christophe Gateau, dpa

    Klimaschutz ja, aber bitte keine Wärmepumpe

    Gerade die Aufregung um das Heizungsgesetz hat aber gezeigt, dass, wenn es ernst und teuer wird, der Klimaschutz als übergriffig wahrgenommen wird. Messner ist kein neutraler Beamter. Seine Behörde hat sich dem Klimaschutz verschrieben, ihr geht es bei der Abnabelung von Öl, Gas und Kohle viel zu langsam.

    Das haben er und seine Mitarbeiter mit den Klimaklebern gemeinsam, die Straßen und Flughäfen blockieren, um die Leute wachzurütteln. Das Amt und sie könnten Verbündete sein. Doch die Aktionen der sogenannten "Letzten Generation" genießen kaum Unterstützung in der Öffentlichkeit – im Gegenteil. Er würde den Klimaklebern empfehlen, „über ihre Protestform nachzudenken“, mahnte Messner. 

    Laut der Studie lehnen 61 Prozent der Deutschen die Besetzung von Straßen, Wäldern und Flughäfen ab. Messner ahnt, dass die Akzeptanz des Klimaschutzes dadurch zurückgeht, anstatt größer zu werden. Unter den politischen Top-Themen rangiert der Klimaschutz bei den Befragten ohnehin nur auf Rang fünf. Davor stehen zum Beispiel der Zustand von Gesundheitssystem und Bildungswesen sowie Krieg und Terrorismus. Umwelt- und Klimaschutz haben in der Priorität sogar einen kleinen Rücksetzer hinzunehmen. 

    Waren in der Umweltbewusstseinsstudie 2020 noch 65 Prozent der Meinung, dass das Thema sehr wichtig ist, sind es aktuell nur noch 57 Prozent. Für das Umweltbundesamt ist das deshalb problematisch, weil nach seinem Dafürhalten die Erderwärmung noch viel härter bekämpft werden müsste, als es bislang in Deutschland beschlossen ist. „Wir müssen in

    Fachleute halten die ehrgeizigen deutschen Klimaziele kaum zu erreichen

    Die Forderung kommt nicht ohne Grund. In einer unveröffentlichten Analyse sehen seine Fachleute für die ehrgeizigen deutschen Klimaziele schwarz. Der Tenor ihres Projektionsberichts: Sie sind de facto nicht zu erreichen – weder die Zwischenetappe 2030 noch das langfristige Ziel 2045. Zur Mitte des Jahrhunderts will die Bundesrepublik klimaneutral sein. Das heißt im Klartext, dass eines der bedeutsamsten Industrieländer in zwei Jahrzehnten unter dem Strich kein Treibhausgas mehr in die Atmosphäre blasen will. 

    Über das Aus für den Ökotraum berichtet das Magazin Stern. Messner bestätigte den Bericht indirekt. Demnach wird im Verkehrssektor und im Gebäudebereich zu wenig CO2 eingespart. Beide Sektoren seien notleidend. „Wir sind uns einig mit der Bundesregierung, dass die Maßnahmen, die auf dem Tisch liegen, nicht ausreichend sind“, meinte der 61-Jährige.

    Der Streit um das Heizungsgesetz hat die Regierung aufgerieben

    Die Schwierigkeit dabei ist, dass die Bundesregierung uneins ist. Der Zank um das Heizungsgesetz hat die Ampelkoalition aufgerieben. Der ursprüngliche Gesetzentwurf wurde auf Druck der FDP merklich entschärft, was allerdings dazu führen wird, dass aus den Schornsteinen mehr CO2 in den Himmel steigen wird, als die Klimavorgaben erlauben.

    Im Verkehr ist die Lage nicht besser. Die Prognosen sagen voraus, dass bis 2050 noch mehr Lastwagen und Autos auf den Straßen unterwegs sein werden als heutzutage. Gleichzeitig werden dem Projektionsbericht zufolge zu wenige von einem Elektromotor angetrieben werden. Statt der angepeilten 15 Millionen E-

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