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Klimaprotest: "Nicht ausgeschlossen, dass Klimaaktivisten Kohlebagger sprengen"

Klimaprotest

"Nicht ausgeschlossen, dass Klimaaktivisten Kohlebagger sprengen"

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    Ein Protest von Extinction Rebellion vor dem nordhrein-westfälischen Innenministerium.
    Ein Protest von Extinction Rebellion vor dem nordhrein-westfälischen Innenministerium. Foto: Malte Krudewig, dpa

    Markus Söder sei für Klimaschutz, sagt er, aber gegen die Aktivistinnen und Aktivisten der "Letzten Generation". Sein Stellvertreter Hubert Aiwanger würde die "Klimakleber" für vier Wochen zum Arbeiten in den Wald schicken. Und die AfD nennt sie "Oköterroristen". Sie sind umstritten, nicht nur in der Politik. Das zeigen Civey-Umfragen im Auftrag unserer Redaktion: Demnach lehnen acht von zehn Deutschen den Protest der "Letzten Generation" ab. Und "Fridays for Future", deren Galionsfigur Greta Thunberg kürzlich mit antisemitischen Botschaften von sich reden machte, halten knapp zwei Drittel für gescheitert. Doch es gibt noch eine dritte Gruppierung, die mit Klimaprotesten auffällt. Wie will "Extinction Rebellion" weitermachen?

    "Extinction Rebellion" tritt vorwiegend mit symbolischen Aktionen auf, die sich gegen konkrete Akteure richten statt "einfache Bürger" zu involvieren, wie Manon Gerhardt sagt – etwa, indem sie Löcher auf Golfplätzen mit Zement füllen. Gerhardt ist Sprecherin der Gruppierung, die meist im Schatten der als "Klimakleber" bekannt gewordenen "Letzten Generation" steht und auch weniger Aufmerksamkeit als die Massenproteste von "Fridays for Future" auf sich zieht.

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast mit Ingo Blechschmidt über Klimacamp, Letzte Generation und Augsburg an:

    Eben diese Aufmerksamkeit ist für Dieter Rucht bereits "die halbe Miete", FFF und "Letzte Generation" hätte diese schon sicher. Der Allgäuer ist Mitbegründer des Instituts für Protestforschung in Berlin. Solange den Klimaaktivisten immer mehr Ablehnung entgegenschlägt, sieht Rucht allerdings die Gefahr, dass der Protest kontraproduktiv sein könnte. "Die Kluft könnte sich verstärken. Diejenigen mit einer zögerlichen Haltung wechseln womöglich ins gegnerische Lager", sagt er: "eine Trotzreaktion". Moderatere Protestformen könnten von radikaleren Aktivistinnen und Aktivisten zwar profitieren, erläutert Rucht. Doch auch das Gegenteil ist denkbar: Dass als radikal wahrgenommene Proteste das gesamte Anliegen diskreditieren könnten. Offen ist für ihn, ob sich die gesamte Bewegung nun erneut radikalisieren wird.

    Klimaaktivisten können sich Sprengsätze an Baggern vorstellen

    Gerhardt kann sich das durchaus vorstellen. Für die "Extinction-Rebellion"-Sprecherin ist klar: "Die Gesellschaft ist ohnehin gespalten, und das liegt nicht an uns." Sie hält es nicht für ausgeschlossen, dass Aktivisten von "Extinction Rebellion" bald Pipelines sabotieren könnten. "Oder dass etwa Schaufelradbagger im Braunkohlebau gesprengt werden." Allerdings würde sie sich selbst daran nicht beteiligen, sagt sie.

    Kritikern hält sie entgegen, dass ziviler Ungehorsam in der Geschichte von Zeitgenossen oft als kriminell wahrgenommen wurde – "doch wer später als Held gilt, weiß man nun noch nicht", so Gerhardt. Auch sei unklar, welche Protestformen letztlich zum Erfolg führten. "Extinction Rebellion" probiere verschiedene Aktionen und werte dann aus, was klappt und was nicht. Und eine andere Funktion erfüllen die Proteste für Gerhardt obendrein: "Aktivismus ist sehr inklusiv", sagt sie. Für die Teilnehmer wirke der Protest bestärkend. Viele von ihnen belaste das Drohszenario der Klimakatastrophe sehr, immer wieder werden die Aktivistinnen und Aktivisten als teils verzweifelt beschrieben. Das sei ein weiterer Effekt der Proteste, auch wenn er sich mehr auf die Aktivisten selbst als die Gesellschaft auswirke, sagt Gerhardt: "Menschen dabei zu helfen, mit ihrer psychischen Belastung umzugehen."

    Aktivismus als Vehikel, um mit dem eigenen Frust umzugehen? Zumindest für die Protestierenden dürfte die Bewegung somit nie ganz erfolglos sein. Ob die Klimaproteste jedoch auch wieder in der Gesellschaft etwas bewegen können, wirkt aktuell so unsicher wie selten zuvor.

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