Das Klimageld-Versprechen der Politik an die Bürger ist älter als die Ampel-Koalition: „Die Bürger müssen keine Angst vor der Abgabe haben“, sagte SPD-Ministerin Svenja Schulze über die Einführung des CO₂-Preises, als sie noch Umweltministerin in der Großen Koalition war. „Wir wollen den Menschen das Geld aus den CO2-Einnahmen wieder zurückzahlen. Dadurch werden mittlere und kleine Einkommen entlastet.“
Klimageld: Das hat die Koalition versprochen
Auch SPD, Grüne und FDP erneuerten das Versprechen in ihrem Koalitionsvertrag in technokratischen Worten: „Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren und die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld).“ Doch spätestens seit Montag ist klar: Mit der angekündigten Entlastung der Privathaushalte wird es trotz der explodierenden Energie- und Wohnkosten auf absehbare Zeit nichts werden. Kanzler-Sprecher Steffen Hebestreit stellte nun die Einführung des Klimageldes für das Jahr 2027 in Aussicht – in Berlin rechnen jedoch wenige damit, dass die Ampel dann noch im Amt ist.
Laut Verbraucherzentralen zahlen Familien über 500 Euro nur für CO₂-Abgabe
Für die Bevölkerung wird das teuer: Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat vor Weihnachten errechnet, dass die auf Sprit- und Heizungsbrennstoffe erhobene CO₂-Abgabe die Deutschen im Schnitt 139 Euro pro Person kostet. Eine vierköpfige Familie zahlt damit schon jetzt über 500 Euro im Jahr – zusätzlich zu anderen gestiegenen Lebenshaltungskosten. Und die Abgabe soll jedes Jahr steigen: Zum Jahreswechsel wurde sie von 30 auf 45 Euro pro Tonne angehoben, kommendes Jahr steigt die Abgabe auf 55 und 2026 auf 65 Euro. Laut den Verbraucherzentralen werden drei Viertel der aktuell rund elf Milliarden Euro Einnahmen aus der nationalen CO₂-Abgabe von Privathaushalten finanziert und nur ein Viertel von der Wirtschaft.
Bundesfinanzminister Christian Lindner hat am Wochenende das Koalitionsversprechen einkassiert, den Menschen zumindest einen Teil der Kosten zurückzugeben. Die Idee des Klimageldes sei es, den Menschen die Einnahmen aus dem CO₂-Preis pro Kopf zurückzuüberweisen. „Gegenwärtig werden die Einnahmen aber genutzt für die Förderung von Heizungen, Gebäudesanierung, grüner Stahlproduktion, Ladesäulen für E-Autos und so weiter“, sagte der FDP-Chef der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Kurz gesagt, weil ein Haushalt eine Wärmepumpe gefördert bekommt, können in dem Jahr einige hundert andere kein Klimageld ausbezahlt bekommen“, rechnete er vor. „Man kann das Geld nicht zweimal ausgeben.“
Linke warnt vor "überkochendem Frust im Land" wegen Klimageld-Wortbruch
Die Opposition warnt Bundeskanzler Olaf Scholz vor den Folgen eines Wortbruchs: „Das Versprechen des Klimageldes darf nicht gebrochen werden, sonst wird der Frust im Land überkochen“, sagte der Linke-Spitzenpolitiker Dietmar Bartsch unserer Redaktion. „Es braucht ein Machtwort des Kanzlers beim Klimageld. „Scholz muss Lindner zurückpfeifen.“ Die Abgabe belaste gerade Menschen mit niedrigeren und geringeren Einkommen besonders stark, da sie einen größeren Teil ihres Einkommens für Energiekosten aufbringen müssten. „Es kann nicht sein, dass der FDP-Chef einseitig den Koalitionsvertrag aufkündigt“, kritisiert Bartsch. „Wir fordern ein Klimageld in Höhe von 200 Euro pro Monat für Gering- und Normalverdiener sowie Rentnerinnen und Rentner“, sagt der Linke.
Wird auch das Versprechen für 2027 nicht eingehalten, könnte es für die Deutschen richtig teuer werden: Fachleute erwarten, dass nach jetzigem Gesetzesstand sich dann der CO₂-Preis von heute 45 Euro pro Tonne Treibhausgas auf 275 Euro versechsfachen wird. Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung warnt, dass dann selbst mittlere Einkommen drei Prozent ihres Nettoeinkommens allein für die CO₂-Abgabe bezahlen müssen.